1. Oktober 2018 / Barbara Steiner
Kongolesische Kunst in einer globalisierten Welt
Dazu passt auch, dass afrikanische Kunst bei Sammlerinnen und Sammlern inzwischen sehr begehrt ist. Es ist gewiss kein Zufall, dass Sotheby´s London in seinen Auktionen „Modern and Contemporary African Art“ ins Programm nimmt.
Bei unserer Eröffnung wurde kontrovers über die Chancen und Risiken eines globalen Kunstbetriebs diskutiert. In den Gesprächen wurden eine Verarmung an Vielfalt und der Verlust an Spezifika beklagt, doch gibt es meines Erachtens auch positive Nebeneffekte. Denn dieser globalisierte Kunstbetrieb schafft auch Aufmerksamkeit und entsprechende Möglichkeiten für Künstlerinnen und Künstler vor allem aus außereuropäischen Länden – selbst für jene, die am Markt nicht präsent sind. Es bedeutet letztendlich den Zugang zu besseren Materialien, zu Reisen, Stipendien, Ausstellungen – und Visaerleichterungen. Im Moment ist es noch sehr schwer bis unmöglich Visa etwa für kongolesische Künstler/innen zu bekommen. Jean Mukendi Katambayi musste fast einen Monat in Nairobi auf die Bewilligung seines Visaantrags für Österreich warten.
Beim Presserundgang meinte ein Kunstkritiker aus Berlin, die kongolesische Kunst, die wir zeigen, sei westlich. Ja und nein. Es findet sich in jedem Fall eine Auseinandersetzung mit westlichen Prägungen und Einflüssen. Dass auf Leinwand gemalt wird, verdankt sich bereits dem Einfluss westlicher Kunstliebhaber.
Populäre Malerei im Spannungsfeld
In der Ausstellung widmen wir uns in erster Linie urbanen und globalen Phänomenen. Die „Peinture Populaire“ (populäre Malerei) ist eine Malerei der Städte, die Arbeiten derjenigen Künstler/innen, die sich anderer Medien bedienen, sind in Kenntnis globaler Diskurse entstanden. Davon spricht Congo Stars wesentlich. Sobald Menschen sich bewegen (ob innerhalb des afrikanischen Kontinents oder zwischen Europa und Afrika), kommt es zu Überlagerungen von Einflüssen, die sich nicht mehr voneinander trennen lassen. Es entstehen kulturelle Hybride. Unter Präsident Mobutu gab es übrigens eine sogenannte Authentifizierungs-Kampagne, die auf eine „Re-Afrikanisierung“ abzielte. Westliche Kleidung war verboten, christliche Namen mussten abgelegt werden, das Land wurde in Zaire umbenannt. Diese Form der verordneten afrikanischen Authentizität war allerdings politisches Instrument: Der Name Zaire geht auf einen Aussprachefehler der Portugiesen für den Fluss Kongo zurück. Der typisch „afrikanische“ Männeranzug, der Abacost, verdankt sich einer Reise Mobutus nach China – dort sah er den Mao-Anzug und adaptierte diesen. Gegen diese Formen der „Re-Afrikanisierung“ regte sich im Land Widerstand, auch die sogenannten „Sapeurs“ (deutsch: Gesellschaft der Stimmungsmacher und eleganten Personen) sind ein Ausdruck dessen. Die sapeurs tragen europäische und japanische Designerkleidung und nutzen die Stadt als Bühne.
Auch nach der Sprache wurden wir gefragt: Französisch – warum Künstler/innen die Sprache der Kolonisatoren verwenden. Ja, diese war und ist prägend (und auch heute noch Amtssprache.) Denn sie ermöglicht Kommunikation in einem Land, in dem sehr viele Sprachen gesprochen werden. Die Künstler/innen verhalten sich dazu, entwickeln ihren spezifischen Umgang damit – wie etwa Chéri Samba, der absichtsvoll Fehler ins Französische einbaut und mit Bedeutungen spielt.
Die Ausstellung wirft eine Reihe von Fragen zum urbanisierten und globalisierten Kunstbetrieb und zu seinen Folgen für lokale Traditionen auf, die nicht einfach zu beantworten sind. Diskurse in und über die Ausstellungen und mit den Beteiligten darüber zu führen, ist mir wichtig und ein Grund, außereuropäische Kunst im Kunsthaus Graz zu zeigen.
> Mehr Informationen über die Ausstellung Congo Stars
Schlagworte: Logbuch Barbara Steiner