12. Januar 2017 / Barbara Steiner
Der Kongo und die Steiermark
Im Juli 2016 hatte ich meine Stelle als Leiterin des Kunsthauses angetreten und musste sofort mit den Planungen für 2017 beginnen. Das ist eigentlich zu kurzfristig für große Ausstellungen. Diese benötigen bedeutend mehr Vorlauf. Das führte zu der paradoxen Situation, dass ich seit Herbst 2016 gleichzeitig an Projekten für 2017 und 2018 arbeite.
Eines der Vorhaben für 2018 ist eine Ausstellung kongolesischer Kunst. Holger Kube-Ventura, der Direktor der Kunsthalle Tübingen, fragte mich, ob das Kunsthaus sich an einer Kongo-Ausstellung beteiligen wolle. Ende 2016 könne man diese im BOZAR in Brüssel sehen. Die Werke stammen aus dem berühmten Musée Royal de l´Afrique centrale in Tervuren, ebenfalls Belgien.
Ich erinnerte mich an das Gespräch mit Kurt Jungwirth und suchte nach weiteren Verbindungen der Steiermark zum Kongo bzw. zu afrikanischen Ländern. 1964 wurde das Afro-Asiatische Institut in Graz gegründet, ein Ort der Begegnung für Studierende aus Afrika, Asien, Lateinamerika und Österreich. Eine konkrete Verbindung zum Kongo findet sich in der Person von Fiston Mwanza Mujila, ehemaliger Stadtschreiber und Autor des inzwischen berühmten Buchs tram 83. Er lebt immer noch in Graz. Des Weiteren gibt es eine sehr aktive afrikanische Community, die Graz bereichert.
„Congo Art Works“
Kurz vor Weihnachten reiste ich mit meinem Kollegen Günther Holler-Schuster, der auch für das Kunsthaus als Kurator tätig ist, nach Belgien, um die Ausstellung Congo Art Works im BOZAR anzusehen und mit Christine Bluard, Bambi Ceuppens und Sammy Baloji zu sprechen. Günther Holler-Schuster kennt kongolesische Kunst sehr gut; Bambi Ceuppens und Sammy Baloji hatten die Ausstellung kuratiert und Christine Bluard koordiniert die Kooperationen des Musée Royal de l´Afrique centrale.
Die Ausstellung selbst war großartig – zum einen wegen der Werkauswahl, zum anderen aber auch aufgrund der Präsentation der Arbeiten. Man konnte die wesentlichste Funktion kongolesischer Kunst – sehr anschauliches, mitunter plakatives Kommunizieren über gesellschaftliche Situationen – sehr gut nachvollziehen: von der Kolonialzeit, der Erschießung Lumumbas bis hin zu mythologischen Erzählungen und Alltagsereignissen.
Bestimmte Themen und Motive tauchen immer wieder auf; sie wurden variiert, wie etwa die Geschichte von einem Holzfäller, der sich vor einem Löwen auf den bereits halb gefällten Baum flüchtet, auf dem ihn eine giftige Schlange erwartet. Im Fluss, ganz in der Nähe des Baumes, schwimmt ein Krokodil mit aufgerissenem Maul. Es bleibt nicht mehr und nicht weniger, als auf Gottes Hilfe zu vertrauen.
Manche der kongolesischen Künstler – wie etwa Cheri Samba – sind schon längst auf dem Kunstmarkt angekommen. Ihre Werke erzielen Höchstpreise. Doch die Ausstellung baut nicht auf große Namen, sondern zeigt eine beeindruckende Bandbreite kongolesischer Kunst. Die Begegnungen mit den Exponaten waren fast intim – dies wurde durch die kabinettartigen Räume des BOZAR unterstützt – die Hängung der Arbeiten folgte dem Prinzip der Dichte.
Die Gespräche mit Christine Bluard, Bambi Ceuppens und Sammy Baloji verliefen sehr anregend; im April oder Mai 2017 wollen wir uns wieder in Tervuren treffen, um die Werkauswahl für Tübingen und Graz zu treffen. Zusätzlich planen wir mit Holger Kube-Ventura, Künstler/innen aus dem Kongo einzuladen in unseren Institutionen zu arbeiten. Günther Holler-Schuster möchte in den nächsten Monaten noch potenzielle Leihgaben aus österreichischen Sammlungen kongolesischer Kunst sondieren. Fiston Mwanza Mujila ist übrigens mit Sammy Baloji verwandt. Auch das stellte sich bei unserem Besuch in Brüssel heraus.
Brüssel, Foto: Barbara Steiner
Erfahren Sie mehr über die Ausstellung im Kunsthaus Graz:
Congo Stars
Eröffnung: 22.09.2018, 11 Uhr
22.09.2018-27.01.2019
In Kooperation mit dem Afrika Museum in Tervuren und der Kunsthalle Tübingen.
Kuratiert von: Sammy Baloji, Bambi Ceuppens, Fiston Mwanza Mujila, Günther Holler-Schuster und Barbara Steiner
Schlagworte: Logbuch Barbara Steiner