Peter Cook & Colin Fournier, Up into the Unknown

22. Februar 2017 / Barbara Steiner

Auf ins Ungewisse

Kunsthaus Graz | Kuratieren

Dieses berühmte Zitat von Peter Cook bezog sich ursprünglich auf die Art des Hineingleitens ins Gebäude auf dem sogenannten „travelator“ – was in seinem Inneren auf einen wartet, bleibt dabei zunächst ungewiss. Im Fall unserer Herbstausstellung bezieht es sich aber auch auf Bauprozesse, die nicht vollständig kontrolliert werden können, und auf Lücken, die sich zwischen Ideen und deren Realisierung auftun.

Werkauswahl

Die Auswahl der Werke kommt gut voran: wir wollen Werke von Archigram (Cook war Mitbegründer) zeigen – hier vor allem Instant City. Dazu wird Bâtiment Public – ein unrealisiertes Projekt von Archigram in Zusammenarbeit mit Colin Fournier – zu sehen sein. Von diesen Projekten ausgehend, widmen wir uns dem Aufkommen von neuen Technologien in den 1990er-Jahren und ihre Verbindung zu Überlegungen, die aus den 1960er- und 70er-Jahren stammen. Denn die Herstellung von außergewöhnlichen Formen, wie etwa der blauen Dachlandschaft des Kunsthauses verdankt sich wesentlich computergestützter Design und Grafik-Software. Leider ist von einem wichtigen Vorgängerprojekt mit dem Titel Zunge, das Cook & Fournier für den Grazer Schlossberg entwickelt hatten, nichts mehr vorhanden. Dieser Entwurf sah ein auffallend farbenfrohes Dach mit organo-morphen „Nozzles“ vor, so als würde sich das Gebäude aus dem Berg auf die darunterliegende Straße ergießen.

Entwurf, 1997, Peter Cook und Colin Fournier für das Kunsthaus im Schlossberg, Archiv Neue Galerie Graz

Gernot Stangl, Rendering: Spacelab

Der Bauprozess

Doch wie bereits eingangs angedeutet widmet sich die Ausstellung vor allem dem Bauprozess des Kunsthauses. Im Prinzip geht es hier vor allem um den Übersetzungsprozess von visionären, einst hypothetischen Ideen hin zu einer funktionierenden Kunstinstitution sowie den Auswirkungen von Zeitdruck, Budgetgrenzen, funktionellen Anforderungen und technischen Beschränkungen.

Denn alle diese Faktoren führten zu erheblichen Änderungen der ursprünglichen Pläne, aber auch zu kreativen „ad hoc“-Lösungen während des Bauprozesses. Viele Details verraten noch heute, wie die Architekten auf die auftretenden Herausforderungen reagierten, wie sie mit Problemen umgingen und Schwierigkeiten lösten. Man kann dies immer noch am Erscheinungsbild des Gebäudes ablesen.

Um mehr Einblick in diesen Prozess zu bekommen habe ich über einen längeren Zeitraum Interviews mit den am Bau Beteiligten geführt, vor kurzem mit den Grazer Architekten Peyker und Eisenköck, die die konkrete Umsetzung verantworteten. Dass das Kunsthaus überhaupt realisiert werden konnte, grenzt im Rückblick ob der politischen, technischen, zeitlichen und ökonomischen Herausforderungen an ein Wunder.

Gernot Stangl, Rendering: Spacelab

Rationalisten, Ästheten, Magengrubenarchitekten, Demokraten und Mediakraten

 

Parallel zur Ausstellung Auf ins Ungewisse werden Beispiele für Projekte von in Graz ansässigen Architekten gezeigt, die der gleichen Generation wie Cook und Fournier angehören. Obwohl sie alle mehrere Jahre im Ausland verbracht haben und mit einflussreichen internationale Netzwerken in Kontakt stehen, blieb Graz bzw. die Steiermark in vielerlei Hinsicht ihr Lebensmittelpunkt. Sie alle haben einen mehrfachen Bezug entweder zu Peter Cook, zu Colin Fournier oder sogar zu beiden.

 

Ein ungewöhnlicher Titel

Der Titel der Schau Rationalisten, Ästheten, Magengrubenarchitekten, Demokraten und Mediakraten wurde dem Buch Architektur-Investitionen. „Grazer Schule“, 13 Standpunkte (Forum Stadtpark, 1984) entnommen. Lange habe ich gerätselt wer sich hinter dem Autorennamen „urturm“ verbirgt – doch dank Eilfried Huth konnte dies gelüftet werden: Der Einleitungstext im Buch, in dem der nunmehrige Titel vorkommt, stammt von Bernhard Hafner. Dieser Titel soll verdeutlichen, dass man es mit sehr verschiedenen architektonischen Ansätzen zu tun hat. Ich bin davon überzeugt, dass über den Begriff „Magengrubenarchitekt“ viel diskutiert werden wird. Was ist ein „Magengrubenarchitekt“? Dreht es einem angesichts dessen den Magen um oder berührt Architektur emotional so dermaßen, dass man Schmetterlinge im Bauch spürt?

Bernhard Hafner, City in Space, 1966

Die Herangehensweise

Vorgestellt wird eine große Bandbreite an Herangehensweisen, seien diese pragmatisch, funktional, intellektuell oder intuitiv. Davon ausgehend werden „Knoten“ gebildet, die Berührungspunkte zwischen bestimmten Fragestellungen bzw. Interessen zeigen, etwa an binären Codes, Mitbestimmung, am Umgang mit Primär- und Sekundärstrukturen, an sozio-ökonomischen, ökologischen oder ästhetischen Aspekten. Die Resultate sind durchaus unterschiedlich.

D.h. das Herausarbeiten verschiedenster „Knoten“ spielt individuelle Herangehensweisen nicht herunter, sondern setzt sie zueinander in Beziehung.

Ausstellungsplanung, 1. Skizze © Barbara Steiner

Kategorie: Kunsthaus Graz | Kuratieren
Schlagworte:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Benutzen Sie diese HTML Tags und Attribute:

<a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>