Erwin Wurm

Geb. 1954 in Bruck an der Mur, lebt und arbeitet in Wien und Limburg

1974–1977 studierte Erwin Wurm Kunstgeschichte und Germanistik an der Universität Graz, 1977–1979 folgte ein Studium der Kunst- und Werkerziehung an der Universität Mozarteum in Salzburg. 1979–1982 schloss er ein Studium an der Akademie der bildenden Künste und der Universität für angewandte Kunst in Wien an. An letzterer lehrte er von 2002 bis 2010 als Professor für Bildhauerei und Multimedia.

Der Künstler arbeitet im Bereich der Bildhauerei, Videokunst und Fotografie. Erwin Wurm entwickelte sich in einer konsequenten Materialreduktion konzeptualistisch weiter; von frühen Gipsarbeiten, Holz- und Blechskulpturen, meist waren es Gebrauchsgegenstände, die er aus dem ursprünglichen Kontext herauslöste, farbig bearbeitete und zu Objektkonstrukten arrangierte, über Gewandskulpturen mit Readymade-Charakter bis zu „leeren Vitrinen“, an denen er mittels Video plastische Phänomene untersuchte. Nach wenigen Jahren kehrte Wurm seinen voluminösen, wild bemalten Blechskulpturen den Rücken und krempelte sein bildhauerisches Konzept von Grund auf um.

1846 verfasste Baudelaire eine Polemik gegen die „Langeweile in der Bildhauerei“. Wurm kann zweifelsohne als ein Erneuerer der Skulptur gesehen werden, wie er mit seinen One-minute-sculptures beweist, mit denen er versucht, der von Baudelaire kritisierten Langeweile ein Schnippchen zu schlagen. Die One-minute-sculptures sind ihrem Konzept nach humorvolle Handlungsanweisungen mit psychologischem Tiefgang, die eine klare zeitliche Begrenzung aufweisen. Wurms Skulpturen der letzten Jahre umfassen Kleiderskulpturen, Outdoor-Indoor-sculptures, One-minute-sculptures, die „nur“ in Form von Fotografie dokumentierbar sind, da sie Menschen in surrealen Posen zeigen (damit wird neben der räumlichen auch die zeitliche Dimension ein Definitionsmoment der Skulptur) und nicht zuletzt die Fat–Werke. 

Was mit Anleitung zum Fett-Werden und zur „Verfettung“ von Menschen durch Anlegen von immer mehr Kleiderschichten begann, mündet in dem Fat Car – einem fettwülstestrotzenden Alfa. Das Auto, für viele die „dritte Haut“, nimmt menschliche Eigenschaften an, es wird dick. 

„Zu- und Abnehmen ist Arbeit am Volumen. Also ist Zu- und Abnehmen auch Bildhauerei.“ Volumen, Raum, Gewicht sowie Begriffe wie Dehnung und Ausdehnung bestimmen seine Skulpturen. Erwin Wurm zeichnet die konsequent auf Ironie setzende Thematisierung bildhauerischer Handlungsanweisungen aus, und dies schon in den 80er-Jahren, als Wurm noch bemalte Skulpturen aus Holz oder Metallteilen (bemalte Blechcollagen) herstellt. Allen Werkgruppen gemeinsam ist das Konzept, durch verrückte Eingriffe die plastischen Qualitäten unserer Umgebung ins Bild zu rücken. 

Die Werke des international renommierten Künstlers waren im Centre Pompidou in Paris zu sehen, im Drawing Center in New York oder bei der Biennale von Sao Paolo vertreten. 1984 wurde der Künstler mit dem Monsignore Otto-Mauer-Preis geehrt, 2002 erhielt er den Kunstpreis der Galerie CC und 2004 bekam er den Kunstpreis der Stadt Graz. 2006 wurde dem Künstler eine große Einzelausstellung im MUMOK in Wien gewidmet, in deren Rahmen er ein Einfamilienhaus in Originalgröße verkehrt auf dem Dach des Museums positionierte.

2017 vertrat Erwin Wurm neben Brigitte Kowanz Österreich auf der Biennale in Venedig.