Michaelangelo Pistoletto und Franz West

Labor

06.05. - 05.06.1994

Bildinformationen

Laufzeit

06.05. - 05.06.1994

Eröffnung

06.05.1994, 19 Uhr

Ort

Neue Galerie Graz

Kuratiert von

Peter Weibel

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Über die
Ausstellung

Der barocke Spiegelsaal der Neuen Galerie am Landesmuseum Joanneum bildet per se eine spezifische Raumsituation, die sich aus der Tradition der historischen Spiegelkabinette der Spätrenaissance entwickelt hatte. Ein Künstler wie Michelangelo Pistoletto, der in seiner Arbeit zentral mit dem Spiegel arbeitet, ist für eine Installation im Spiegelsaal prädestiniert. Durch Unterschriften an acht Wandspiegeln verweist er auf die vielfältigen Spiegelfunktionen, durch die Öffnung von Spiegelflügeln, die uns die berühmte Rückseite des Spiegels zeigen, auf die Realität hinter der symbolischen Funktion des Spiegels. Der Spiegel tritt als Maske auf und wird gleichzeitig demaskiert. Aufgrund dieser Kritik an der Repräsentationsfunktion des Spiegels ergibt sich eine Verwandtschaft zu dem mit Pistoletto befreundeten Künstler Franz West, dessen berühmte Passstücke bereits die Zone der Abbildung verlassen und durch Strategien des Abgusses ersetzt haben. Möbel stellen gebräuchliche Momente des Abgusses des menschlichen Körpers dar. Ein Möbelensemble als Skulptur auf einem Podest und eine klassische weiße Skulptur auf PVC-Folie sind ein Bruch mit den klassischen Darstellungs- und Abbildungsfunktionen der Kunst. Der Spiegelsaal repräsentiert eine aristokratische soziale Ordnung. Durch den Bruch mit den historischen Repräsentationsstrategien der Kunst verweisen Pistoletto und West auf eine demokratische soziale Ordnung. Ihre Kunstwerke bilden ob ihrer Kargheit eine Ästhetik des Widerstandes gegen die Pracht vergangener feudaler Systeme. Selbst wider die Verführung der Kunst setzen sie die Desillusionierung, allerdings auf eine Weise, die nicht minder verführerisch ist. Denn auch die Illusionen der Demokratie haben eine gewisse Verführungskraft.