Pferdeharnisch

Werkstatt des Innsbrucker Plattners Konrad Seusenhofer, um 1510

Der im frühen 16. Jahrhundert entstandene Pferdeharnisch aus der Werkstatt des Innsbrucker Plattners Konrad Seusenhofer zählt heute vor allem deshalb zu den Prunkstücken der Sammlung, da er neben einzelnen Rossstirnen der einzig vollständige Pferdeharnisch im Landeszeughaus ist. Er besteht aus dem Rosskopf mit Stirnstachel, Wappenschild und Ohrenbechern, einem aus einzelnen Stahlreifen zusammengesetzten Halsschutz, der vorderen gerundeten Brustplatte mit seitlichen Streifbuckeln, den Flankenblechen und dem verstellbaren Kreuzgelieger. Die plattnerische Ausführung erfolgte in blankem Eisenblech, innenseitig ist noch die alte Polsterung aus in Leinen eingenähten Strohwülsten erhalten. Sattel und Steigbügel wurden erst später ergänzt.

Der Rossharnisch befand sich bis zum Jänner 1614 im Eigentum der oberösterreichischen Adelsfamilie Losenstein und war in der Rüstkammer von Enns aufgestellt. Leider ließ sich bislang nicht eruieren, ob der Harnisch im Auftrag der Losensteiner entstanden war oder ob er durch Kauf oder Erbschaft in deren Familienbesitz gelangte. Nimmt man an, dass die Losensteiner den Harnisch in Auftrag gegeben hatten, passt der 1506 verstorbene Wilhem von Losenstein ins Bild. Er war seit 1501 als kaiserlicher Rat Maximilians I. tätig und diente seinem Herrn des Öfteren in diplomatischen Missionen. Zudem wirkte er als Statthalter der fünf niederösterreichischen Länder Wien, Österreich unter der Enns (Niederösterreich), Steiermark, Kärnten und Krain als Stellvertreter des Kaisers. Als solcher war er auf jeden Fall in der Lage, einen derart repräsentativen Harnisch in Auftrag zu geben.

Eher peripher kommt Wilhelms Sohn Sebastian als Auftraggeber infrage, wohl aber als späterer Besitzer. Er war Gast bei der glanzvollen Wiener Doppelhochzeit von 1515, bei der der spätere Kaiser Ferdinand I. der ungarischen Prinzessin Anna angetraut wurde. Die prunkvollen Feierlichkeiten im Umfeld der Hochzeit hätten sicherlich Anlass zur Repräsentation des Harnisches geboten. Eventuell wurde er auch bei jenen Feiern benutzt, die veranstaltet wurden, als die anno 1515 in Wien vereinbarte und auf dem Papier geschlossene Ehe Ferdinands I. mit Anna von Ungarn sechs Jahre später auch formell vollzogen wurde.

Damals fanden überall im Land Feste und Turniere statt, am 6. Mai 1521 in Linz: Im sogenannten „Losensteiner Turnier“ trafen auf dem Hauptplatz der Hauptstadt Österreichs ob der Enns Adelige vieler Nationen aufeinander.

Im Erbweg gelangte der Rossharnisch dann innerhalb des Losensteiner Zweigs der Familie Losenstein über Achatz († 1527), Christoph († 1558), Hans Wilhelm († 1601) an Georg Christoph († 1622), der ihn im Jänner 1614 an seinen Schwiegervater Georg von Stubenberg abtrat. Bis zum Herbst blieb der Harnisch noch in der Rüstkammer von Enns, ehe er nach Oberkapfenberg gebracht wurde.

Von dort gelangte der komplette, 42,2 Kilogramm schwere Eisen-Harnisch 1814 als Schenkung der steirischen Adelsfamilie Stubenberg in das Zeughaus und besticht vor allem durch seine Ätzverzierung, die dem Augsburger Maler, Grafiker und Waffenätzer Daniel Hopfer zugeordnet werden kann. Der geätzte Wappenschild auf der Rossstirn verweist auf seinen einstigen Besitzer, Georg von Stubenberg-Wurmberg. Leider gibt die auf dem Harnisch eingeätzte Buchstabenkombination „IEVVDHH“ keinen konkreten Aufschluss über den Erstbesitzer bzw. Auftraggeber des Pferdeharnisches.

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