Essen und Religion oder die Bedeutung von Brauchtumsgebäcken

Im Gegensatz zu heute waren Leben und Essen früher streng mit dem Kirchenjahr verbunden. Aus diesem Grund wurden im christlichen Kulturkreis für die Verzierung von Geschirr auch viele Segenszeichen wie Christus- und Marienmonogramme sowie Dreifaltigkeitssymbole gewählt. Durch den Heiligenkalender und die ehemals zahlreichen Fastengebote ergaben sich auch viele Anknüpfungspunkte für anlassgebundene Speisen.

Gebildbrote


„Zu speziellen Festen des Jahres- und Lebenslaufes wurden zusätzlich gegendspezifisch Brauchtumsgebäcke, sogenannte Gebildbrote hergestellt.“1 

Gebildbrote sind frei oder mithilfe von Modeln gestaltete oder verzierte Gebäcke, die eine Funktion im Brauchtum des Jahres- oder Lebenslaufes haben bzw. hatten. Der Verzehr sollte den Menschen unter anderem Glück und Gesundheit bringen. Die eigentlichen Gründe, wieso die Menschen Gebildbrote verzehrt haben, beschreibt der Volkskundler Ernst Burgstaller folgendermaßen:

„Es ließ sich erkennen, daß den zu gewissen Zeiten des Jahrs hergestellten Gebäcken schon oft allein durch die kalendarische Situation des Backens Kräfte zugeschrieben werden, durch die sie als Glücks- und Gesundheitsbringer erscheinen. Vielfach wird versucht, den (magischen) Wert der Gebäcke durch bestimmte Beigaben zu erhöhen und dadurch den davon essenden Menschen mit der Gesamtheit der vegetativen Kräfte der ihm günstig gesinnten Natur zu verbinden. Nach dem Elementargedanken von der verbindenden Wirkung des Genusses von derselben Speise werden bestimmte Gebäcke allen Familien- und Hausgenossen, der Nachbarschaft und Verwandtschaft, aber auch den Haustieren und darüber hinaus den ganzen Kosmos aufbauenden Elementen angeboten und so ein System der gegenseitigen Sicherung und Unterstützung zu einem friedlichen, glückhaften Leben geschaffen, in das man durch die Spenden an Arme als den Repräsentanten der Verstorbenen, der „Armen Seelen“, auch die Welt der Vorfahren, der Ahnen, das heißt also die Gesamtheit der wirkend gedachten Mächte, einbezieht.“2

Viele dieser Brauchtumsgebäcke sind mittlerweile verschwunden, andere wie beispielsweise die Faschingskrapfen oder der Allerheiligenstriezel sind heute noch allgemein bekannt. Die Bedeutung der Gebäcke hat sich allerdings gewandelt, heute dürfte vor allem der wirtschaftliche Aspekt nicht unwesentlich sein, wie wir am Beispiel des Faschingskrapfens sehen können.

„Wurden im ganzen Fasching 1815 in Wien acht bis zehn Millionen Krapfen gebacken, so schätzt man derzeit den Konsum allein am Faschingsdienstag auf eine halbe bis eine Million Stück.“3

Krapfen backen, Foto: Frühwald

Faschingskrapfen


Der Faschingskrapfen, der noch heute untrennbar mit der Faschingszeit verbunden ist, war ursprünglich ein kultisches Gebäck, das bereits 1486 in der Wiener „Koechordnung“ aufscheint.4   Er gilt als eines eines der ältesten schriftlich bezeugten Form- und Feingebäcke, auch Zusammenhänge mit einem Kultgebäck der Bacchanalien im Mittelmeerraum werden vermutet.5

Hans Sachs schrieb 1540: „Ich hab zu Fastnacht euch hieher geladen, daß ihr euch Krapfen holt und Fladen, und heut mit mir wollt Fastnacht halten, dem Brauche nach, dem guten alten.“ 

In der Vergangenheit maß man dem Krapfen eine derart große Bedeutung zu, dass das rituelle Teilen eines Krapfens einer Verlobung gleichkommen konnte.6 Als (historisch nicht erwiesene) Erfinderin des Krapfens gilt Cäcilia Krapf: „Sie war durch ihr köstliches Gebäck bekannt geworden. Die Wiener nannten es nach ihr Cillikugeln und lange Zeit galt es als Leckerbissen.“7 

Ernst Burgstaller stellte in seiner Untersuchung über Brauchtumsgebäcke um die Mitte des 20. Jahrhunderts fest: „Die Form der Faschingskrapfen ist heute längst traditionell geworden, wenn auch für das Gebäck in den einzelnen Landschaften verschiedene Namen gebräuchlich sind: stets handelt es sich um ein etwa acht bis zehn Zentimeter großes kugeliges Gebäck, das hellbraun gebacken ist und in der Mitte der Leibung, soweit jeweils das siedende Fett reicht, mit einem feinen goldgelben Rändchen, dem sogenannten ,Ranftl‘ umzogen ist.“8

Fastenbrezeln und Fastenbeugl


Auch Fastenbrezeln bzw. Fastenbeugl sind heute noch bekannt. Die Fastenbrezel erscheint etwa seit Mitte des 10. Jahrhunderts in Klöstern und wurde bei kirchlichen Festen und während der Fastenzeit an Arme und Kinder verteilt.9 

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren Fastenbrezeln und Fastenbeugl noch Zeitgebäck, also auf die Fastenzeit beschränkt. Je nach Material und Größe dienten sie als Fastengebäcke, als Schmuck des Palmbaumes und als „Patengeschenke“.10

Mittlerweile sind diese ehemaligen Fastengebäcke als Alltagsgebäck großteils ganzjährig zu erwerben. Beide werden aus Germteig hergestellt, zuerst in Wasser gekocht und anschließend gebacken.

Speisen zur Osterzeit


Auch zu Ostern sind heute noch traditionelle Speisen üblich. Am Gründonnerstag meinen viele aus Fastengründen etwas Grünes essen zu müssen, Spinat und Spiegelei sind zur typischen Speise geworden. Für die Herkunft der Bezeichnung „Gründonnerstag“ gibt es jedoch verschiedene Erklärungen.

„Man kann sie von gronan (greinen, weinen) ableiten: Um das Jahr 400 versammelten sich die Christen am Gründonnerstag auf dem Ölberg, um mit Gesang, Lesung und Gebet der Todesangst Jesu zu gedenken. Nach Mitternacht zogen sie zur Stelle der Gefangennahme, lasen den Bericht des Evangelisten und brachen in rituelle Wehklagen aus. Eine andere Deutung bezieht sich auf die Sünder, die seit Aschermittwoch ihre öffentliche Bußzeit absolviert hatten und nun mit grünenden Zweigen verglichen wurden. Den Tag ihrer Wiederaufnahme (Rekonziliation)  nannte man dies viridium, daraus sei um 1200 die mittelhochdeutsche Übertragung gruener dunredstac entstanden. Mit ihnen hängt auch der Name Antlass-Pfinztag zusammen (Antlass = Entlassung, Pfinztag = Donnerstag).“11 

Am Gründonnerstag oder auch Karfreitag gelegte Eier, die sogenannten Antlasseier, galten in der Vergangenheit allgemein als unheilabwehrend und segenspendend. Als Mittel für und gegen alles wurden sie in Haus und Hof versteckt, zum Beispiel auch unter dem Dach als Mittel gegen Blitzschutz.12 In passender Nachfolge sollen noch heute viele Bewohner*innen des Ennstales ein Antlassei im Handschuhfach des Autos haben, was mehrere Automechaniker bestätigen sollen.13 

Osterei, Osterhase, Osterlamm

 

Charakteristisch für die Osterzeit sind sowohl das Osterei als auch der Osterhase. Das Ei als Fruchtbarkeitssymbol und Sinnbild des Lebens ist untrennbar mit dem Osterfest verbunden. Während der vierzigtägigen Fastenzeit herrschte ein strenges kirchliches Verbot, Eier oder Eierspeisen zu essen. Die Legeleistung der Hühner ist aber gerade in dieser Zeit besonders hoch. Das Färben und Verzieren von Eiern, die man verschenkt, wird 1615 erstmals in Straßburg erwähnt. Früher wurden die Ostereier vor allem rot gefärbt, da diese Farbe das Blut Christi symbolisierte. Ende der 1920er-Jahre und besonders nach dem Zweiten Weltkrieg kam als neues Gebäck die Osterpinze aus Italien zu uns.14 

„Für die Kinder ist Ostern eine freudige Zeit. Sie sind bei ihren Paten zu allerlei Gutem eingeladen und erhalten von ihnen außer bunten Ostereiern große Osterkipfel, Brezen, oder gar ein in Ton-, Eisen- oder Blechmodel gebackenes Osterlamm zum Geschenk.“15 Das Osterlamm ist im Christentum ein verbreitetes Symbol für Jesus. Als Gebildbrot war das Osterlamm bereits im 13. Jahrhundert bekannt. Die noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts üblichen Osterkipfel oder Osterbrezen wurden mittlerweile von sonstigen Geschenken abgelöst.


Kräftigen Aufschwung erfuhr der Osterhasenglaube erst mit der industriellen Herstellung von Rübenzucker im 19. Jahrhundert. Nun war es möglich, in großen Mengen Hasen und Eier als Konditorware und aus Schokolade zu produzieren. Das Beschenken mit Schokoladehasen und -eiern ist eine Erfindung des städtischen Bürgertums und erst um 1800 aufgekommen. Vom Schenken der Ostereier und Osterhasen ausgehend entwickelte sich der Brauch des Ostergeschenkes parallel zum Weihnachtsgeschenk.16 

Osterspeisensegnung

 

Die Segnung der Osterspeisen wird landläufig auch „Fleischweihe“ genannt. Brot und Eier werden schon seit dem 12. Jahrhundert gesegnet, Fleisch erst ab dem 17. Jahrhundert.17 

„In der Überlegung, daß nach der langen Entwöhnung von Eiern während der Fastenzeit, die ihren Genuß verbietet, man gut tut, sich vor einer etwa schädigenden Wirkung zu schützen, wenn sie uns zu Ostern wieder erlaubt und in großen Mengen genossen werden, ist die frühe, schon ins 12. Jahrhundert fallende Entstehung der kirchlichen Weihe der österlichen Eier verständlich, der benedictio ovorum, die Grundlage für die spätere umfassendere Speisenweihe bildet, die in ganz Österreich heut noch vielfach gespendet und allgemein gerne eingeholt wird.“18

Pfingstgebäcke


Die in der Vergangenheit üblichen Pfingstgebäcke sind heute abgekommen. Schon im 3. Jahrhundert kam es zur Verknüpfung des Pfingstfestes mit der Herabkunft des Heiligen Geistes.19 Vereinzelt fanden sich als Brauchtumsgebäcke ‒ entsprechend dem Hauptinhalt des pfingstlichen Evangeliums über die Herabkunft des Heiligen Geistes, der allgemein in Gestalt einer Taube symbolisiert wird ‒ auch Vogelgebäcke wie etwa noch um 1935 in Gleinstätten im Sulmtal „Heilige-Geist-Vögel“.20 

„Die Taube, das Zeichen des Heiligen Geistes, begegnet auf Kunstwerken wie in volkstümlichen Symbolgebäcken. Von frühchristlicher Zeit bis ins Mittelalter wurden die konsekrierten Hostien in einer aus Edelmetall gefertigten Taube aufbewahrt, die über dem Altar hing. Im Orient galt dieser Vogel als heiliges Tier, als Gottessymbol. Die Biologen der Antike schrieben ihm Tugenden wie Unschuld, Sanftmut, Zärtlichkeit, Liebe und Treue zu. Die Juden sahen in ihr den Lieblingsvogel Gottes. Im Alten Testament war sie ein Opfertier (Lev 1,14), bei seiner Taufe im Jordan erblickte Jesus den Geist Gottes „wie eine Taube auf sich Herabkommen“ (Mt 3,16).“21 

Auch im oberen Ennstal kamen einmal im Jahr, am Pfingstmontag, nach dem Mittagessen sogenannte „Heiligengeistkrapfen“ auf den Tisch. Diese Krapfen waren aus Mürbteig hergestellt und hatten eine Vogel- bzw. Taubenform.22 

Dem Volksglauben nach wirkte sich der Genuss der Schmalzgebäcke zu Pfingsten mitunter auch auf die Qualität der kommenden Ernte aus, indem es zum Beispiel in Ehrenhausen hieß, zu Pfingsten müsse man Krapfen essen, „weil sonst der Weizen rostig wird“.23

Die in der ersten Maiwoche aus geflochtenem Teig hergestellten, etwa 15 bis 20 cm großen „Schöderervögel“ bzw. „Zeiringer Vögel“ sollen auf die Pestzeit zurückgehen. „Die Zeiringer pilgern im Frühjahr zur Pfarrkirche von Schöder, denn die muntern Vögel von Schöder hatten 1715 mit ihrem Trillern und Zwitschern das Ende der schrecklichen Pestzeit angekündigt – deshalb werden Jahr für Jahr für die Wallfahrer die ,Zeiringer Vögel‘ gebacken.“24

Ernteschmaus


Nach der Ernte gab es einen Ernteschmaus, dessen Abschluss wie bei allen bäuerlichen Festen Berge von Kuchen und Gebäck bildeten. Auch zum Almabtrieb wurden vielerorts „Brauchtumsgebäcke“ verteilt. „Mit der festlichen Heimkehr des Almviehes von den Hochweiden verband sich im Alpenraum unseres Bundesgebietes der Brauch, verschiedene Schmalzgebäcke, die ,Abrausch‘, ,Raunkerl‘ oder ,Rumpelnudeln‘ herzustellen, die von den Sennerinnen während der Heimfahrt mit den geschmückten Rindern ausgeteilt wurden.“25

Teilweise gab man den Gebäcken gegendspezifisch für verschiedene Anlässe unterschiedliche Namen.

„Im oberen Murtal bereitet man zum Almabtrieb kleine Festtagskrapfen, ,Rumpelnudeln‘, auch ,Jungfernnudeln‘ oder ,Prangnudeln‘, oft auch nur ,Nudeln‘ genannt. Sie werden aus Mürbteig gemacht, die als ,Jungfernnudeln‘ bei der Fronleichnamsprozession von den Jungfrauen, als ,Rumpelnudeln‘ von der Sennerin beim Almabtrieb verteilt werden.“26

Der Name „Rumpelnudeln“ kommt angeblich daher, weil sie so knusprig sind, dass sie beim Schütteln in der Schüssel  „rumpeln“.27 

Aus dem oberen Ennstal schildert Anni Gamerith als Almabfahrtskost die sogenannten „Fedtlkrapfen“.28 „Fedtln“ bedeutet, dass man mit seinem Hab und Gut umzieht.

Ein gemeinsames Kennzeichen fast aller Gebäcke, die nach einer Almzeit ohne Unglücksfälle verteilt wurden, war ihre Kleinheit und ihre Zubereitung in heißem (Butter-)Schmalz. Die verwendeten Teigarten reichten von Nudelteig über Germteig bis hin zu Mürbteig und Brandteig.29

Allerheiligenstriezel


Auch zu Allerheiligen ist es heute teilweise noch üblich, den Kindern einen großen Striezel zu schenken. Der Allerheiligenstriezel hat mittlerweile vielleicht die ehemalige Bedeutung als Patengeschenk verloren, doch konnte er sich als allgemeines Zeitgebäck erhalten.

Sepp Walter stellt fest: „Die geflochtenen Striezel sind überall im Lande gebräuchlich, ihre stärkste Verbreitung haben sie im Ennstal und in der Oststeiermark. Dagegen sind im oberen Murtal zu Allerheiligen Weißbrotlaibe üblich. Eine Sonderform gibt es in den Bezirken Leibnitz und Radkersburg, die mit zwei kipfelartigen Hörnern ausgestatteten hidlbuam, die man eher zum Nikolaustermin erwarten würde.“30 

Im Westen Österreichs wurden vor der Vereinheitlichung durch den Allerheiligenstriezel als Patengeschenke je nach Geschlecht des Patenkindes auch Gebäcke in Hasen-, Hirsch-, Pferde- oder Hahnform verschenkt.31 

Der Name „Heiligenstriezel“ taucht erstmals im 17. Jahrhundert in Oberösterreich auf. Sogar in der Stadt Wien war dieser Brauch um 1900 üblich.32

„Nur wenige Gebildbrote des österreichischen Festtagsbrauchtums haben sich die Vorliebe der Bevölkerung in derartigem Maße erobert wie die zopfartig geflochtenen Allerheiligenstriezel und wurden sogar als beliebtes Milchbrot ein weit über den speziellen Festtagsgebrauch hinaus verwendetes Tagesgebäck.“33 

In der Vergangenheit war der Allerheiligenstriezel aber auch als Spende für die Armen bzw. für Waisenkinder verbreitet.34

Halloween und Heischgänger


„Ein neuer – wenn auch sehr umstrittener – Brauch hat sich seit den 1990er Jahren bei uns unaufhaltsam verbreitet: ,Halloween‘. Am Abend vor Allerheiligen (31. Oktober) gehen vor allem Kinder von Tür zu Tür und drohen Schabernack an, wenn sie nicht ,Süßes oder Saures‘ angeboten bekämen.“35 Auch damit kann man vielleicht etwas gelassener umgehen, wenn man bedenkt, dass ähnliche „Heischebräuche“ bei uns in der Vergangenheit durchaus üblich waren.

Im Mittelalter glaubte man zum Beispiel, dass um den 1. November die im Fegefeuer gedachten armen Seelen auf die Erde kommen und Gaben erwarten. Stellvertretend für sie erhielten arme Leute Nahrungsmittel. Das „Krapfenschnappen“ oder „Striezel erbitten“ als Maskenbrauch, bei dem man etwas geschenkt bekommt, wurde dann von den Kindern übernommen.36 

Spendbrote für die Armen waren nicht nur um Allerheiligen, sondern auch zu anderen Terminen üblich. Anni Gamerith stellte in diesem Zusammenhang in ihren Forschungen über die Steiermark fest: „Jeweils eine ganze Bäck buk man im Ostteil und im Nordwesteck unseres Landes einmal im Jahr als Spende: ,Heiligenstriezel‘, kleine semmelgroße Brötchen, zu Allerheiligen für die Heiligenstriezelläufer in der Oststeiermark. ,Bettlerloabala‘ in Form von Haarriedel, Ähre und Hufeisen im Advent für die Anglöckler im obersten Ennstal.“37 

Diese Heischgänger waren in der Vergangenheit nirgends unwillkommen, im Gegenteil, man war der Meinung, je mehr Brote ausgeteilt werden, umso mehr Seelen werden aus dem Fegefeuer erlöst und umso mehr Segen wird auch den Lebenden, also den Spendenden, zuteil.38

Backen des Prügelkrapfens, Foto: K. Haiding

Festliches Gebäck zu Weihnachten und für Hochzeiten


Ein besonders festliches Gebäck, das nur zu Weihnachten und für Hochzeiten gebacken wurde, waren die sogenannten „Lebzeltwizl“. „Feinen Germ- oder Nudelteig zu zwei Flecken auswalken, den einen Fleck in weiten Abständen mit länglich-rechteckigen Lebzeltstücken belegen, mit dem zweiten Teigblatt bedecken, den Teig zwischen den Lebkuchen abdrucken, die Stücke auseinanderschneiden, den Rand festdrücken und in heißem Butterschmalz herausbacken. Man macht sie ebenfalls im oberen Ennstal zu Weihnachten und zu einer Hochzeit.“39 

In der Oststeiermark wurden früher zu hohen Festtagen traditionell süße Strudel gebacken, in der Südsteiermark waren Nuss- und Mohnpotitzen oder Poganzen typische Traditionsgebäcke – Letztere sind flache Kuchen, zumeist aus Germteig, mit Topfenbelag. Strudel, Potitzen und Poganzen werden heute noch serviert, wobei sie mittlerweile aber den Festcharakter verloren haben.

Im Gegensatz zu heute waren in der Vergangenheit die Speisenabfolge bzw. Speisen bei verschiedenen Gelegenheiten bzw. Festen restriktiv festgelegt. Bei Hochzeiten wurden beispielsweise nach bestimmten Regeln Fleisch- und Mehlspeisen in mehrmals abwechselnden „Richten“ aufgetragen.40 Durch eine möglichst große Anzahl dieser „Richten“ im Zuge des oft stundenlang dauernden Hochzeitsmahles wollte man bewirken, dass das junge Paar in Zukunft niemals Mangel leide.41

Text: Mag. Maria Zengerer

Literatur Expand Box

1 Vgl. Ernst Burgstaller, „Festtagsgebäcke“, in: Österreichischer Volkskundeatlas, Kommentar I, 1. Lieferung (1959), Bl. 2‒4, S. 2.

2 Ernst Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, Wien 1958, S. 173.

3 Helga Maria Wolf, Das neue BrauchBuch. Alte und junge Rituale für Lebensfreude und Lebenshilfe, Wien 2000, S. 99.

4 Vgl. Sieglinde Frohmann, „,…’s is a himmlische Kost, a Trum Spöck und a Most…“. Eine kulinarische Zeitreise durch das Jahr und das Leben“, in: Roman Sandgruber, Hannes Etzlstorfer, Christoph Wagner (Hg.), Mahlzeit!, Kat. Oberösterreichische Landesausstellung 2009, Linz 2009, S. 170.

5 Gertraud Hess-Haberlandt, Das liebe Brot. Brauchtümliche Mehlspeisen aus dem bäuerlichen Festkalender, Wien 1960, S. 49.

6 Vgl. Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 99.

7 Ebda, S. 99.

8 Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 142.

9 Vgl. Heß-Haberlandt, Das liebe Brot, 1960, S. 39.

10Vgl. Ernst Burgstaller, Brauchtumsgebäcke und Weihnachtsspeisen. Ein volkskundlicher Beitrag zur Österreichischen Kulturgeographie, Linz 1957, S. 52.

11 Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 127.

12 Vgl. ebda, S. 143.

13 Vgl. Sepp Walter, Steirische Bräuche im Laufe des Jahres (= Schriftenreihe des Landesmuseums Schloß Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum, Band 6), Trautenfels 1997, S. 139.

14 Vgl. Frohmann. „…’s is a himmlische Kost, a Trum Spöck und a Most…“, 2009, S. 171‒172.

15 Heß-Haberlandt, Das liebe Brot, 1960, S. 26.

16 Vgl. Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 145.

17 Vgl. Walter, Steirische Bräuche, 1997, S. 147.

18 Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 133.

19 Vgl. Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000,  S. 182.

20 Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 170.

21 Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 183.

22 Vgl. Franz Maier-Bruck, Vom Essen auf dem Lande. Das große Buch der österreichischen Bauernküche und Hausmannskost, Wien 1981, S. 407.

23 Vgl. Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 170.

24 Maier-Bruck, Vom Essen auf dem Lande, 1981, S. 425.

25 Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 172.

26 Maier-Bruck, Vom Essen auf dem Lande, 1981, S. 409.

27 Vgl. Heß-Haberlandt, Das liebe Brot, 1960, S. 60.

28 Anni Gamerith, „Die Nahrung des steirischen Bauern“, in: Der steirische Bauer. Leistung und Schicksal von der Steinzeit bis zur Gegenwart, Kat. Steirische Landesausstellung 1966, Graz 1966, S. 361.

29 Vgl. Heß-Haberlandt, Das liebe Brot, 1960, S. 60.

30 Walter, Steirische Bräuche, 1997, S. 224.

31 Vgl. Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 49.

32 Vgl. Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 257.

33 Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 39.

34 Barbara Nichtweiß (Hg.), Kulinarisch durchs christliche Leben. Ein kleiner Jahresbegleiter durch Kirche und Küche, Mainz 1997, S. 67.

35 Frohmann. „…’s is a himmlische Kost, a Trum Spöck und a Most…“, 2009, S. 173.

36 Vgl. Wolf, Das neue BrauchBuch, 2000, S. 253.

37 Gamerith, „Die Nahrung des steirischen Bauern“, 1966, S. 355.

38 Vgl. Heß-Haberlandt, Das liebe Brot, 1960, S. 30.

39 Maier-Bruck, Vom Essen auf dem Lande, 1981, S. 425.

40 Ebda, S. 41.

41 Vgl. Burgstaller, Österreichisches Festtagsgebäck, 1958, S. 186.

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