Radschlosstschinke
Leichtes Damengewehr
Datierung: um 1650
Werkstatt: Pawel Kaliwoda, Teschen
Material/Technik: Achtkantlauf, Radschloss mit außenliegender Hauptfeder; helle Bein und Horneinlagen in Form von Tieren und Ranken; Kaliber 8,5 mm Eisen, Perlmutt, Bein, Horn, Holz
Maße: Gesamtlänge 114,5 cm; Lauflänge 87,5 cm
Eigentümer: Sammlung Jagdkunde
Inventarnummer: JK 5729
Das Radschloss wurde zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Nürnberg entwickelt und gilt als eine Revolution in der Jagdwaffentechnik. Es löste das jagdlich eher untaugliche Luntenschloss ab. Das Radschloss hatte schusstechnische Vorteilen und funktionierte auch noch bei schlechten Wetterbedingungen (Regen).
Im Jagdmuseum Schloss Stainz finden wir unter den zahlreichen Radschlossbüchsen eine spezielle Ausführung: Es handelt sich um eine sogenannte Radschlosstschinke mit einem durchgehenden gezogenen Achtkantlauf mit 87,5 cm Länge und einer Gesamtlänge von 114,5cm, wobei die Laufmündung, der Mittelteil und das Ende mit leichten Gravuren versehen sind.
Das Kaliber dieser Tschinke ist mit 8,5 mm eher zart, die Kaliber der gängigen Radschlossgewehre waren für heutige Verhältnisse nahezu monströs. Man verschoss daraus Kugeln mit einem Durchmesser von 18 mm bis über 20 mm. Die Begründung dieses kleinen Kalibers ist auch im Waffenlexikon (Lampl/Mahrhold 1994) nachzulesen, wo die Tschinke als „besonders leicht gearbeitet und mit Vorliebe als Damengewehr auf Niederwild geführt“ beschrieben wird.
Detailreiche Gestaltung
Am Lauf über dem Zündloch finden wir die Meistermarke „P K“eingeschlagen. Laut Hans Schedelmann, (Die großen Büchsenmacher, 1972), könnte es sich um Pawel Kaliwoda handeln, einen „Teschinkenmeister“ aus Teschen. Auf der Oberseite des Laufes befinden sich noch Kimme und Korn im Originalzustand sowie ein seitlich verschiebbarer Diopter aus Eisen. Kette und Rad mit Feder sind auf der Schlossaußenseite gelagert. Die meisten dieser Tschinken besitzen Radschlösser, deren Mechanik an der Außenseite liegt, was wohl eine Folge der geringen Dimension des Mittelschafts sein mag.
Der Hahn ist in Form eines Fasanhahnes ausgestaltet, der Pfannendeckel ist mittels Druckknopf verschließbar und die Waffe ist bereits mit einem deutschen Nadelstecher ausgestattet. Auf dem feinen Nussholzvollschaft befinden sich gravierte Hirschhorn- sowie Perlmutteinlagen. Der leicht geschwungene Kolben mit Schuber und eisernem Harfenbügel mit drei Fingerrollen hat am Schaftende ein sogenanntes Knäufchen. Bei A. Hoff, Feuerwaffen II, findet man zu dieser Konstruktion am Schaftende folgende Eintragung: „..eingeschraubt in die Kappe befindet sich normalerweise ein größerer oder kleinerer kugelförmiger Zapfen aus Eisen, der wahrscheinlich dem Schutz der Kappe gedient hat." Der original erhaltene Ladestock hat einen Hornabschluss.
Da es dem Jäger nie allein um das bloße Töten der Beute ging, sondern er sich auch stets Gedanken über das Beutetier machte, wurden solche Vorstellungen und Fantasien auch in Form von bildlichen Darstellungen auf die Waffen gebracht. In unserem Fall finden wir auf der rechten Schaftseite Hirsch und Tier sich gegenüberliegend, flach figural dargestellt und aus Bein geschnitzt, auf der linken Seite finden wir hier auch den Hinweis auf Niederwild und Federwild, denn hier schlägt der Adler einen Fasan.
Text: Mag. Karlheinz Wirnsberger
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Jagdmuseum und Landwirtschaftsmuseum, Schloss Stainz
Schlossplatz 1
8510 Stainz, Österreich
T +43-3463/2772-16
info-stainz@museum-joanneum.at
Öffnungszeiten
April bis November Di-So, Feiertag 10-17 Uhr
Termine entnehmen Sie bitte dem Kalender.
Führungen: So 15-16:30 durch eine Ausstellung (Jagdmuseum oder Landwirtschaftsmuseum) und nach Voranmeldung.