Günter Brus
Wiener Spaziergang, 1965
Im Rahmen einer Ausstellungseröffnung in der Galerie Junge Generation in Wien verlässt Günter Brus am 5. Juli 1965 mit der Aktion „Wiener Spaziergang“ erstmals den privaten Bereich und dringt als lebendiges Gemälde in den öffentlichen Raum vor:
„Am Tag vor dieser Ausstellungseröffnung mit Aktion und Diskussion beschloß ich, dem Kompromißcharakter dieses Unternehmens gewissermaßen vorzubeugen, um meinen künstlerischen Absichten mehr Eindeutigkeit zu verleihen. Man könnte sagen, die zwittrige Aktivität dieser Galerie trieb mich von den Rattenkellern auf die Straße. Ich beschloß, als gleichsam lebendes Bild durch Wiens Innenstadt, vorbei an etlichen historisch bedeutsamen Bauwerken, zu spazieren. Ausgangspunkt meiner Wanderung war der Heldenplatz. Durch das Burgtor, an der Spanischen Hofreitschule und am Dorotheum vorbei, sollte meine Route bis zum Stephansplatz führen. Was dort geschehen sollte, darüber gab ich mir keine Auskunft, zu Recht ahnend, daß bald das wachsame Auge eines Hüters der öffentlichen Ordnung das lebende Gemälde erblicken und festnehmen würde. Dies geschah Ecke Bräunerstraße/Stallburggasse. Ein Polizist führte mich zum Gaudium der Passanten in eine naheliegende Wachstube. Man nahm meine Personalien auf und ließ ein Taxi vorfahren.“
Günter Brus, 1989
„Die Vorbereitung dieser Aktion war freilich von einer mehr oder minder großen Nervosität begleitet. Otto Muehl half mir beim Einfärben meiner Gestalt. Ludwig Hoffenreich sagte zwischendurch seufzend: ,Kinder, Kinder, das gibt entweder Irrenhaus oder Gefängnis!ʻ Ich gebe zu, daß ich von seinen Visionen nicht ganz frei war. John Sailer beförderte das lebende Bild vom Perinetkeller zum Heldenplatz, wobei ich mich vor jedem Halt bei einer Ampel niederduckte. Aufgeregt verfolgten meine Frau und einige Freunde aus einer angemessenen Entfernung das Geschehen. Hoffenreich und Ronald Fleischmann fotografierten, Muehl und Schwarzkogler filmten mit einer Schmalfilmkamera. Von einer tiefen Bedeutung dieser Aktion wollte die Presse natürlich nichts wissen. Sie betrachtete meinen Auftritt als einen lustigen Werbegag für meine Ausstellung.“
Günter Brus, 1989
Günter Brus
Wiener Spaziergang
1965
Fotografien: L. Hoffenreich, Sechzehn S-W-Fotografien, 39 x 39 cm (Foto),
50 x 60 cm (Karton). Rückseitig mit Bleistift datiert, signiert.
1991, Geschenk Prof. DDr. Wilfried Skreiner
Inv.-Nr.: X/1790_a-p
Neue Galerie Graz
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)24. bis 25. Dezember 2023