Arbeitsalltage hinter den Kulissen

Die Bewahrung der Sammlung und des historischen Gebäudes zählt heute zu den zentralen Aufgaben des Landeszeughauses. 

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Bewahren, instand setzen, Öffentlichkeit organisieren

Daniela Assel, Leonardo Loof, Maximilian Mischinger und Thomas Storm im Gespräch mit Bettina Habsburg-Lothringen

Bettina Habsburg-Lothringen: Das Landeszeughaus ist nicht nur ein Ort für interessierte Besucher*innen, es ist auch ein Arbeitsort. Eine kleine Gruppe von Fachleuten ist hier hinter den Kulissen aktiv, um das Zeughaus, wie wir es kennen, tagtäglich möglich zu machen. Lassen Sie uns vom Großen zum Kleinen gehen: Thomas Storm, wann immer wir uns sehen oder miteinander sprechen, geht es direkt oder indirekt um das Landeszeughaus als Gebäude, um Fragen der Technik, der Sicherheit oder des Denkmalschutzes. Was genau sind Ihre Aufgaben im Team des Landeszeughauses und was bedeutet das im Alltag?

Thomas Storm: Seit ich ins Landeszeughaus gekommen bin, gehört neben der Restaurierung und Konservierung der Objekte auch die Instandhaltung des Hauses im Gesamten zu meinen Aufgaben. Dazu arbeite ich eng mit den Mitarbeiter*innen des Referats Facility Management am Universalmuseum Joanneum zusammen. Ich koordiniere die Firmen, die mit der Wartung diverser technischer Einrichtungen wie z. B. der Videoüberwachung oder dem Lift betraut sind. Ich bin aber auch Ansprechperson für den Denkmalschutz, der auf die bestmögliche Erhaltung dieses Ortes achtet. Dazu kommt schließlich noch die Beantwortung diverser Anfragen zu unterschiedlichsten Waffenthemen.

Konstante Herausforderung scheint der Umstand zu sein, ein im 17. Jahrhundert errichtetes Gebäude mit den Bedürfnissen der Gegenwart zusammenzubringen: hier ein nicht elektrifiziertes, unbeheiztes Lager, zugänglich für eine Handvoll Menschen, dort ein musealer Massenbetrieb mit spezifischen Anforderungen bezüglich Sicherheit und Barrierefreiheit. Das klingt kompliziert! Welche Herausforderungen ergeben sich da konkret?

Thomas Storm: Das Besondere ist, dass das Zeughaus ein historisches Gebäude ist, das einst im Hinblick auf eine ganz spezifische Funktion erbaut wurde, nämlich Waffen und Rüstungen in großer Stückzahl aufzunehmen, die im Bedarfsfall rasch ausgegeben werden konnten. Wie schon erwähnt, war das Zeughaus im 17. Jahrhundert ein weitgehend verschlossener Arbeitsort für wenige Experten. Vorkehrungen und Raum für Publikum gab es folglich nicht. Es gab aber auch kein elektrisches Licht, keine Heizung, keine Klimaanlage. Heute haben wir eine komplett andere Situation: Um das Gebäude zu erhalten, das über Jahrhunderte mit viel Engagement bewahrt worden ist, bedarf es fortlaufend finanzieller Mittel und es braucht Kompetenz: So benötigen wir Handwerker*innen und Firmen, die sich mit historischen Techniken auskennen, um den Vorgaben des Denkmalamtes zu entsprechen. Zudem hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan, was die Bereiche Technik und Sicherheit angeht. Um das Gebäude auf den neuesten Stand der Technik zu bringen, braucht es nicht nur Geld. Eingriffe, um den heutigen Standards zu entsprechen, müssen möglichst unbemerkt erfolgen, um die ursprüngliche Atmosphäre so weit als möglich zu erhalten. Das ist nicht immer so einfach, da wir natürlich zusätzlich auch noch die Sicherheit und die Aufenthaltsqualität für die Besucher*innen im Augen behalten müssen. Ein Beispiel der letzten Jahre wäre der Einbau des Liftes, wichtig und notwendig im Sinn der Zugänglichkeit, aber eben ein heftiger Eingriff in ein historisches Gebäude. Die Lösung lag darin, den Lift im Nachbargebäude unterzubringen!

Der Begriff Landeszeughaus steht nicht nur für ein historisches Gebäude, sondern auch für Tausende Objekte. Leonardo Loof, Sie sind als Restaurator für ebendiese verantwortlich. Was konkret sind Ihre Aufgaben und wie gestaltet sich Ihr Arbeitsalltag?

Leonardo Loof: Unsere Aufgabe in der Restaurierung ist die Pflege und Erhaltung der Sammlung. In einem kleinen Team kümmern wir uns um gut 30.000 Objekte. Bei der schieren Masse kann man aber schnell den Überblick verlieren, weshalb wir die Sammlung nach Objekt- und Material-Schwerpunkten gliedern. Zum Glück ist seit der Zeit, in der das Haus stillgelegt und musealisiert wurde, schon viel gemacht worden. Die Arbeit bleibt aber trotzdem nie aus. Bei unseren regelmäßigen Begehungen der vier Stockwerke können wir den Zustand der Sammlung überprüfen. Hängt ein Objekt schief? Ist ein Riemen gerissen? Gibt es andere Schäden? So können wir neben der laufenden, schwerpunktbasierten Arbeit auch schnell auf Veränderungen an einzelnen Objekten oder der Präsentation reagieren. Wenn eine Beschädigung festgestellt wird, bringen wir das betroffene Stück zu uns in die Werkstatt. Dort wir es zuerst schriftlich und fotografisch dokumentiert. Die Schadensursache wird analysiert und ein Konzept zur Restaurierung besprochen. Das reicht von einfachen Reparaturen, beispielsweise an einem Harnisch-Riemen, bis hin zu der aufwendigen Restaurierung eines Zweihändergriffs, der aus verschiedenen Materialien bestehen.

Inwiefern macht es aus Sicht eines Restaurators einen Unterschied, ob man im Landeszeughaus oder aber in einem klassischen Museum arbeitet?

Leonardo Loof: Der Beruf des Restaurators ist mit viel Verantwortung verbunden. Man reicht der Vergangenheit buchstäblich die Hand. Ein falscher Handgriff oder eine falsche Behandlungsmethode können einen großen Schaden für das Objekt bedeuten. In seiner Konstellation ist das Landeszeughaus einzigartig. Es unterscheidet sich dahingehend von einem klassischen Museum, als dass der Großteil seiner Sammlung für das Publikum zugänglich ist. In einem klassischen Museum wird normalerweise nur ein ausgewählter Bruchteil der Sammlung ausgestellt, die übrigen Objekte befinden sich im idealerweise klimatisierten Depot. Wo in anderen Museen die Objekte hinter Vitrinen verwahrt sind, liegen unsere Objekte frei in den Rechen, hängen an den Wänden oder unter der Decke. Unsere Sammlung befindet sich, wie eben schon von Thomas Storm ausgeführt, in einem historischen Gebäude ohne Klimaanlage, weshalb wir durch gezieltes Lüften oder Schließen der Fensterbalken versuchen, das Raumklima konstant zu halten. Durch die Fenster und die zahlreichen Gäste wird aber leider Staub hineingebracht. Die Reinigung der Sammlung muss also fortwährend durchgeführt werden. 

Darauf wollen wir an späterer Stelle noch einmal zurückkommen. Lassen Sie uns noch einen Moment bei den Charakteristika der Sammlung bleiben. Wenn man das Zeughaus betritt, hat man den Eindruck von einer großen Einheitlichkeit bis Gleichförmigkeit der Objekte. Das Auge sieht Metall. Macht das die Arbeit einfacher?

Leonardo Loof: Das Landeszeughaus ist durch seine Fülle an Blankwaffen, Rüstungen und Schusswaffen bekannt. Das erste Material, das natürlich ins Auge sticht, ist das Metall. Jedoch bestehen die meisten Objekte zudem noch aus organischen Materialien wie Holz, Leder, Textilien, Horn und Knochen. Das bedeutet für uns Restauratoren eine besondere Herausforderung, da wir laufend die klimatischen Veränderungen im Auge behalten müssen, die auf die genannten Materialien in unterschiedlicher Weise einwirken. Korrosion, also Rost, ist ein großes Thema, dem wir mit ständiger Pflege entgegenwirken. Zum Schutz der Objekte bitten wir daher unsere Gäste, die Objekte nicht zu berühren, da mit jeder Berührung – umgangssprachlich formuliert – ein Rostfleck entsteht.  

Die schwerwiegendsten Schäden tauchen jedoch bei den organischen Materialien auf: Leder kann beispielsweise durch Schwefel in der Luft mit der Zeit zerfallen. Die UV-Strahlen der Sonne sind für Textilien besonders schädlich und Holz, Knochen sowie Horn können durch starke klimatische Schwankungen springen und brechen.

Das, was Restauratoren an Wissen und Objektkompetenz in die Museen einbringen, unterscheidet sich doch stark von dem, was eine Historikerin oder ein Kulturvermittler einbringen kann. Wie wird man eigentlich Restaurator?

Leonardo Loof: Es gibt zwei Ausbildungswege, die in die Restaurierungswerkstatt des Landeszeughauses führen: Der erste Weg ist der traditionelle über das Handwerk. Traditionell auch deshalb, weil schon seit der Fertigstellung des Zeughauses Plattner, Schlosser und Büchsenmacher für die Ausbesserung der Ausrüstung angestellt waren. Viele Vorgänger waren Quereinsteiger aus eben diesen Berufen, die das handwerkliche Wissen mitbrachen und den Umgang mit historischen Objekten im Zeughaus erlernten. Bestimmte Arbeitstechniken, wie das fachmännische Zerlegen eines Radschlosses, werden seither beim Generationswechsel weitervermittelt. Der zweite Weg führt über das Studium an Universitäten oder Fachhochschulen. Die Praxisnähe zur Restaurierung ist essenzieller Bestandteil der Ausbildung. Sie geht Hand in Hand mit der Theorie, bei der chemisches Verständnis vermittelt wird. Es ist wichtig, die Materialien eines Objekts genauestens zu kennen, um mögliche negative Auswirkungen zu vermeiden.
Während der letzten Jahrzehnte hat sich viel in der Weiterentwicklung restauratorischer Methoden getan, auch im Zeughaus. Bei den Grundlagen der Sammlung sind wir aber meist beim Altbewährtem geblieben. Handwerkliche und akademische Restaurierung ergänzen sich gegenseitig in ihren Herangehensweisen und den zur Verfügung stehenden Techniken. Grundsätzlich braucht es für den Einstig in die Restaurierung handwerkliches Geschick, Interesse an historischen Objekten und Lernbereitschaft, um sich stetig weiterzuentwickeln.

Maximilian Mischinger, das passt sehr gut zu Ihrem beruflichen Werdegang. Sie sind ausgebildeter Historiker und arbeiten heute im Team der Restaurierung. Was bestimmt Ihren Alltag, der sich ja zu einem beachtlichen Teil nicht in der Werkstatt, sondern direkt im Zeughaus abspielt?

Maximilian Mischinger: Ich kümmere mich um Landsknechtharnische, Steinschloss- und Radschlossgewehre, Armzeuge und Beintaschen, im Regelfall direkt vor Ort. Ich kontrolliere die Lederriemen, die aufgrund ihres Zustandes manchmal auch ausgetauscht werden müssen. Generell überprüfe ich den Zustand der Objekte und adjustiere diverse Objektbestandteile nach. Ich achte auf den sorgfältigen Umgang mit den Objekten – auch beim Herausnehmen der Objekte aus den Stellagen, wenn ich sie einöle. Zum Beispiel ist bei den Vorderladern darauf zu achten, dass nichts bricht, wenn ich sie aus dem Regal hole.

Und wie geht man konkret vor, wenn man für 32.000 Objekte zuständig ist? Braucht es da ein bestimmtes System? Und wie viel Zeit kann man überhaupt pro Objekt investieren, angesichts der großen Zahl?

Maximilian Mischinger: Man braucht schon einen „eisernen Willen“. Ich gehe so vor, dass ich die Objektgruppen in Problemzonen einteile, wobei vordergründig jene bearbeitet werden, die Beschädigungen aufweisen. Wenn ich Stockwerk für Stockwerk vorgehe, besteht die Gefahr, dass ich die Übersicht verliere. Die Details sind wichtig, sonst übersieht man Dinge, die desolat sind oder auch schon Material verloren haben. Bei starker Beschädigung wird das Objekt gleich in die Werkstatt gebracht. Was die zeitlichen Möglichkeiten der Beschäftigung mit Einzelobjekten angeht: Das lässt sich nicht generalisieren, aber für einen Vorderlader brauche ich beispielsweise von der Kontrolle bis zum Ölen fünf bis sieben Minuten.

Das Landeszeughaus ist schon ein spezieller Arbeitsort, zumal man bedenkt, dass es hier weder Heizung noch Klimaanlage gibt. Im Winter ist es entsprechend kalt, im Sommer messen wir immer häufiger über 30 Grad in den Räumen. Sind diese Temperaturen die größte Herausforderung?

Maximilian Mischinger: Die Temperaturen sind eine Herausforderung für die Objekte, aber nicht für mich. Zumal ich die Möglichkeit habe, Arbeiten auch in der Werkstatt zu erledigen. Eben das trifft auch auf den Umstand zu, dass Gäste immer wieder Objekte anfassen – die Rostflecken stellen eher für die Objekte als für mich ein Problem dar. Ich sehe das Thema „Herausforderung“ positiv und verbinde damit die regelmäßige Beschäftigung mit möglichst vielfältiger Literatur zur persönlichen Weiterentwicklung.

Direkt im Zeughaus präsent zu sein, bedeutet ja, im Gegensatz zu den Kollegen in der Werkstatt, auch sichtbar zu sein für das Publikum. Gibt es da Fragen oder Gespräche?

Maximilian Mischinger: Ja, ständig! Es kommen ganz unterschiedliche Fragen, wie z. B. „Was können Sie mir zur Restaurierung meiner eigenen Objekte empfehlen?“ Viele Gäste sind auch an kulturhistorischen Aspekten der Objekte interessiert, sie sehen z. B. Ätzungen auf Rüstungen und möchte mehr darüber wissen. Die häufigste Frage ist aber bestimmt: „Was machen Sie da?“

Wenn man an einem Ort wie dem Zeughaus arbeitet, ist man selbst Teil einer Geschichte: Es gab Generationen von Verantwortlichen, die vor einem da waren. Man lernt von Vorgängern, setzt Arbeiten fort, lässt Dinge hinter sich, probiert Neues. Vorgaben, Standards und Erwartungshaltungen ändern sich. Thomas Storm, Sie sind schon lange mit dem Zeughaus betraut: Was hat sich für Sie verändert in den letzten Jahren und Jahrzehnten? Was ist komplexer geworden, was vielleicht einfacher?

Thomas Storm: Grundsätzlich hat sich viel getan! Die Technik ist komplexer geworden, ihr Einsatz muss aber, wie schon erwähnt, immer im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen. Vieles lässt sich heute über den Computer steuern, so zum Beispiel auch die Fußbodenheizung in der Kanonenhalle.

Was die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit in unseren Räumlichkeiten angeht, so haben wir zwar keine Klimaanlage, aber wir nutzen die technischen Möglichkeiten unserer Zeit, um das natürliche Klima genau zu beobachten, und haben so Strategien entwickelt, uns mit verschiedenen Maßnahmen im Sinne der Objekte durchs Jahr zu bewegen. In den letzten Jahrzehnten wurde viel über Materialverhalten und die Umweltanforderungen geforscht. Neue Daten und Erkenntnisse zeigen, dass die Annahme breiterer klimatischer Bedingungen die Sicherheit der meisten Sammlungen nicht beeinträchtigt. Die Bizot-Gruppe – eine 1992 gegründete Gruppe, die in regelmäßigen Abständen die größten Museen der Welt zusammenbringt – empfiehlt nun Klimawerte zwischen 16 und 25 °C bei 40 bis 60 % Luftfeuchtigkeit. Das war früher viel enger gefasst.

Ein Bereich, in dem natürlich auch auf mögliche Änderungen zu achten ist, ist der rechtliche. Es gibt in Österreich ein Waffengesetz, das den Besitz von Schusswaffen für Privatpersonen inklusive Mindestalter des Besitzers, Meldepflicht, Verwahrung etc. klar regelt. Waffen, die vor 1871 gefertigt worden sind, gelten in Osterreich als historische Waffen und die Bestände des Zeughauses fallen in ebendiese Kategorie.

Leonardo Loof, Sie sind noch nicht so lange im Team: Wie kommt man zu Wissen?

Leonardo Loof: Das stimmt, ich bin erst seit 2021 im Haus. Eine kurze Zeit, verglichen mit meinen Kollegen. Ich kam damals frisch aus dem Studium in Deutschland und wusste nicht, was mich erwarten würde. Jeden Tag habe ich etwas Neues gelernt. Fachliteratur hilft natürlich, ein restauratorisches Problem zu verstehen. Selten findet man aber eine detaillierte Anleitung, um es zu lösen. Man verbringt auch oft viel Zeit damit zu überprüfen, ob das Gelesene nicht schon längst überholt ist. Vieles muss man selbst ausprobieren und vergleichen. Kollegen aus demselben oder anderen Fachgebieten, die einem mit Rat und Tat beiseite stehen, sind dabei unschätzbar wertvolle Wissensquellen. Vor allem mein Kollege Thomas Köhler, der über 35 Jahre im Zeughaus tätig war, hat mir sehr viel Wissen auf den Weg gegeben.

Blickt man auf die Arbeiten der letzten Jahrzehnte, merkt man natürlich auch, dass sich die Standards und Ansätze in der Restaurierung fortlaufend verändern: Das Rückgängigmachen gut gemeinter, aber aus heutiger Sicht unsachgemäßer Altrestaurierungen kann da durchaus zur Herausforderung werden. So wurden zum Beispiel in den 1960ern viele Zweihändergriffe mit einem schwarzen Lack bestrichen, Leder und Textil inklusive – das verdeckt und verfälscht die Oberfläche. Dieser Lack lässt sich aber nur mit sehr aggressiven Lösungsmitteln entfernen, was jedoch das originale Material darunter stark beschädigen würde. Vor dem Hintergrund solcher Erfahrungen achten wir bei unserer Arbeit darauf, dass wir reversible Materialien verwenden, um sie im Bedarfsfall wieder von den Objekten lösen zu können und sie so für die künftigen Generationen zu erhalten.

Maximilian Mischinger: Die Arbeit im Landeszeughaus bedeutet, auf Erfahrungen aufzubauen, und auch die Weitergabe von Wissen an die nächste Generation. Das mag ich persönlich an meinem Arbeitsplatz am meisten: Den Umgang mit jungen Praktikanten, die Erfahrungen sammeln wollen in Hinblick auf das Handling mit Objekten, den Austausch mit ihnen. Vor allem zeige ich ihnen gern, wie man die „Handarbeit“ verbessern kann, wie man die Gegenstände so anfasst, dass man sich dabei nicht verletzt. Genauigkeit ist das Allerwichtigste, auch im Millimeterbereich.

Nun bedeutet am Landeszeughaus zu arbeiten nicht nur die direkte Beschäftigung mit dem Gebäude oder den Objekten. Daniela Assel, viele Ihrer Aufgaben beziehen sich aber dennoch indirekt auf beides. Was beschäftigt Sie als Soziologin in Ihrem Arbeitsalltag?

Daniela Assel: Zu meinem Aufgabenbereich gehören die Verwaltung der Sammlung und der Bibliothek, die Abwicklung von Leih-, Foto- und Drehanfragen, die Betreuung der Webseite und der sozialen Medien. Hinzu kommen auch die Mitarbeit an der Erstellung von Drucksorten, die Beantwortung von verschiedenen Anfragen zu unseren Objekten sowie die Aufgabe, unser Budget im Auge zu haben. Meine Aufgabenbereiche sind vielfältig und daher muss ich meinen Arbeitstag gut strukturieren, aber auch flexibel bleiben.

Was konkret bedeutet es, so einen Sammlungsbestand zu verwalten, was kann man sich darunter vorstellen?

Daniela Assel: Konkret bedeutet es vor allem, dass ich Bescheid weiß über den jeweiligen „Aufenthaltsort“ der Objekte: wo das Stück im Zeughaus seinen Standort hat, ob es gerade ausgeliehen ist oder sich in der Restaurierung befindet. Dazu benötigt es ein stets aktuelles Standortverzeichnis. Ebenso dazu gehört die Pflege der Objektdatenbank, vieles ist noch nicht digital erfasst und wird sukzessive – auch mit der Hilfe von Studierenden und Praktikant*innen – in die Datenbank aufgenommen.

Neben der Entlehnung von einzelnen Objekten an Museen oder für Ausstellungen haben wir übrigens auch immer zahlreiche Anfragen für die Nutzung von Bildmaterial in diversen Publikationen. Die Verwendung davon bedarf der schriftlichen Genehmigung – wir möchten angesichts der Sensibilität unserer Sammlungsstücke schließlich wissen, in welchen Kontexten das Landeszeughaus auftaucht. Zudem können wir damit auch gut dokumentieren, wo wir überall präsent waren. Dasselbe gilt für Drehanfragen.

Zur Präsenz unserer Sammlungen in anderen Museen passt vielleicht der Hinweis, dass das Landeszeughaus in den letzten Jahrzehnten immer wieder mit großen Ausstellungen international zu sehen war. Thomas Storm, Sie waren hier maßgeblich verantwortlich. Was braucht es, bis ein Stück Zeughaus in Osaka oder Baku gezeigt werden kann?

Thomas Storm: Das beginnt einmal mit der Auswahl – wir müssen klären, welche Objekte „reisetauglich“ sind und welche vorher gegebenenfalls noch restauriert werden müssen. Das ist ein Zeitfaktor. Sind die Stücke ausgewählt, bereite ich diese vor. Das heißt, jedes wird gereinigt, konserviert und anschließend fotografiert. Eine komplette Dokumentation der Objekte, ihres Zustandes sowie möglicher „Schäden“ wird in sogenannten Condition Reports festgehalten. Danach werden die Objekte verpackt, die ich als Kurier bis zu ihrem Ausstellungsort begleite. Das ist oft herausfordernd und es kann schon passieren, dass man die ganze Nacht auf dem Flugfeld eines Cargo-Flughafens beim Verladen der Objektkisten dabei ist. Bei der Ankunft werden die Objekte vom dort verantwortlichen Restaurierungsteam begutachtet. Jeder einzelne Condition Report wird unterzeichnet. Damit wird bestätigt, die Stücke im dokumentierten Zustand übernommen zu haben. Zu meiner Aufgabe vor Ort gehört es auch, sämtliche Montagevorrichtungen, die ich vor Abfahrt für jedes Objekt maßangefertigt habe, zu verbauen.

Daniela Assel, was braucht es noch, um so ein Projekt stattfinden zu lassen bzw. um zu gewährleisten, dass Objekte sicher an einen Ort und dann wieder zurückkommen?

Daniela Assel: Die großen internationalen Ausstellungen mit mehreren Hunderten Objekten, die wir immer wieder hatten, waren ein enormer administrativer Aufwand: angefangen von der gesamten Kommunikation und Korrespondenz, den langen Objektlisten, den Verhandlungen mit den Leihnehmenden bis hin zu Versicherung, Transport und Ausfuhrgenehmigungen. Schon lange vor der tatsächlichen Ausstellung beginnt nämlich die Vorbereitung. Um Objekte ins Ausland zu bringen, benötigt es eine Ausfuhrgenehmigung des Bundesdenkmalamtes. Geht es ins Nicht-EU-Ausland, ist auch ein Zollverfahren bei der zuständigen Zollverwaltung zu beantragen. Ebenso ist eine Versicherung „von Nagel zu Nagel“ abzuschließen. Das bedeutet, das Objekt ist von dem Zeitpunkt an, an dem es aus der Sammlung entnommen wird, bis zur Rückkehr versichert.

Um vielleicht abschließend wieder zurück ins Zeughaus und zu Ihrem Arbeitsbereich zu kommen: Daniela Assel, Sie sind auch zuständig für die Bibliothek und Ansprechperson im Falle von Veranstaltungen sowie temporären Kunst- und Ausstellungsprojekten, die wir in unregelmäßigen Abständen zeigen.

Daniela Assel: Ja genau, zum einen bin ich verantwortlich für die Bibliothek: Ich kümmere mich um unseren kleinen, aber feinen Bestand an Literatur zu den verschieden Waffengruppen sowie Katalogen aus vergleichbaren Sammlungen und Museen, der auf einer Schenkung des Kunsthistorikers und Waffenkundlers Bruno Thomas basiert. Er war im 20. Jahrhundert wegweisend auf dem Gebiet der historischen Waffenkunde. Im Laufe der Jahrzehnte wurde dieser Bestand auch um Literatur zur steirischen Wehrgeschichte erweitert. Ich achte auch darauf, dass wir die neuesten Publikationen zur Waffenkunde sowie aktuelle Literatur zur Restaurierung ankaufen.

Und was die Veranstaltungen und temporären Projekte bei uns im Haus angeht: Zu Beginn steht für uns immer die grundsätzliche Frage, ob das, was stattfinden oder präsentiert werden soll, inhaltlich in unser Haus passt. Als reine Veranstaltungslocation sehen wir uns nicht. Zu beachten ist in weiterer Folge vor allem, dass das Zeughaus als Gebäude unter Denkmalschutz steht, was ganz bestimmte Vorgaben mit sich bringt. Löcher in die Wand zu bohren oder irgendwo schnell einen Nagel einzuschlagen – so etwas geht bei uns grundsätzlich nicht. Schließlich möchten wir das Landeszeughaus im bestmöglichen Zustand an die nächste Generation übergeben!  

In diesem Sinn: Herzlichen Dank für das Gespräch!

Landeszeughaus Restaurierungswerkstätte, Foto: UMJ/N. Lackner

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Landeszeughaus Restaurierungswerkstätte, Foto: UMJ/N. Lackner

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