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Unzählig viele schwarze Punkte beginnen auf der gut 300 Meter langen, weiß gestrichenen Gefängnismauer der Justizvollzugsanstalt in Graz, der Karlau, zu schweben. Im Jahr 2013 arbeitete Viktor Kröll an der Ausführung der wahrscheinlich größten Wandzeichnung Österreichs. Die diffuse Häufung und Verdichtung der Punkte erfolgte beidhändig, halb bewusst – halb unbewusst, direkt auf die Wand und lag nicht nur in den Händen einer Person. So halfen Rossella Libardoni, eine italienische Künstlerin oder Freigänger der Haftanstalt und selbst Passanten beteiligten sich spontan an der Ausführung. Es erwuchs ein augenflirrendes, dynamisches Bild, das sich über nahezu die gesamte Mauer erstreckt und erst im Auge der Betrachter vollendet. Zehntausende Pendler und Passanten nehmen es in nun wie beiläufig wahr.
Bevor Kröll als Künstler aktiv wurde, war er an der Konzeption internationaler Werbekampagnen beteiligt. Die Interessen der Auftraggeber und die eindimensionale Wirkung der Werbung kennt er aus eigener Erfahrung. An der Karlauer Wand entstand hingegen ein Gemeinschaftswerk, das auch den Ort einbezieht. Die Intervention in den Stadtraum erfolgte nach Absprache mit der Justizleitung, die zusätzlich logistische Hilfe bereit stellt. Krölls Zeichnung ähnelt zwar mehr der Formlosigkeit des Informel als Street Arts Graffitis oder Tags, aber sie erinnert angesichts der unüberwindbaren Gefängnismauern auch an die Existenz der Insassen in einer abgeschlossenen Welt hinter den Mauern. Aus einer potenziellen Werbefläche ist ein vieldeutiges Kunstwerk mit gesellschaftlichen Bezügen geworden.
Die ursprünglich als temporäres Projekt angedachte Arbeit ist ein Teil der Mauer selbst geworden, und permanent, bis sie verblasst.
Standort:
Triester Straße 30, 8020 Graz
47°03'18.3"N 15°25'40.2"E
