Die Erzählungen über Mond und Sonne
Die meisten Schöpfungsmythen beginnen mit der Erschaffung des Universums. Sonne und Erde, den Sternen und vor allem dem Mond kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Nüchtern betrachtet, ist der Mond nur ein Gesteinsbrocken mit einem Durchmesser von 3.476 Kilometern, der seit Jahrmillionen um die Erde – und mit ihr um die Sonne – durch das Weltall fliegt. Licht und Wärme empfängt er von der Sonne, indem er ihre Strahlen widerspiegelt – als silbern glänzender Vollmond oder als schmale Sichel am dunklen Himmel. Diese Wahrnehmung regte viele Völker zu unterschiedlichen Mythen und Darstellungen an.
Der Mond wurde als Gottheit zum Mittelpunkt von Kult und Opfer sowie zum Symbol von Tod und Auferstehung, aber auch für das Geheimnisvolle, Ungebändigte und Chaotische in der Natur und im Menschen selbst. So schrieben alte Kulte dem Mond die Macht über Liebe, Fruchtbarkeit, Wachstum, Ebbe und Flut, das Reich der Gefühle und das weibliche Geschlecht zu. In der griechischen Mythologie heißt die Mondgöttin Selene, in der römischen Luna. Beide sind stets mit einer Mondsichel dargestellt.
Selene gebar Zeus zwei Kinder und dem König von Elis, Endymion, den sie in einen ewigen Schlaf versetzte, sogar 50 Töchter. Die Zahl 50 wird auch mit den 50 Monaten zwischen zwei Olympischen Spielen in Zusammenhang gebracht. Es wird angenommen, dass der Mond den Menschen das Zählen beibrachte. Denn nach jedem Vollmond nahm er ab und schien schließlich zu „sterben“, um nach einer gewissen zählbaren Zeit wieder „aufzuerstehen“.
So entstanden die ältesten Kalender der Menschheit – die Mondkalender. Die bislang weltweit älteste Darstellung des Kosmos mit Mond, Sonne und Sternen ist die 3.600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra (Deutschland). Daraus kennen wir zum Beispiel die Vorstellung der Menschen in der Bronzezeit (2.200–800 v. Chr.), der Himmel würde sich wie eine Kuppel über die flache Erde wölben. Mythen berichten, dass die Menschen ursprünglich sogar Angst vor dem Mond hatten. Sie hielten ihn für mächtiger als die Sonne, da er nicht nur nachts, sondern manchmal auch tagsüber zu sehen war – während man die Sonne ausschließlich am Tag sah.
So kam es auch zur Vorstellung, dass der Mond die Menschen scheinbar wie ein einäugiges Raubtier vom Baum herab belauerte, ja dass er sogar einer von wilden, bösartigen Stieren sein musste. Denn das linke Horn des Wesens war in bestimmten Nächten deutlich zu sehen. Auch schien es immer wieder so, als würde das Mondwesen selbst von etwas Unsichtbarem angegriffen und aufgefressen, jede Nacht ein bisschen mehr, bis es völlig verschlungen und der Himmelsstier tot war. Doch seltsamerweise stand nach drei dunklen Nächten das rechte Horn des Tieres wieder am Himmel. Und Nacht für Nacht wuchs es wieder und wurde scheinbar „lebendig“.
Der Mithraskult
Dieser stetige Kampf lebte in der Geschichte vom Himmelsstier Jahrtausende lang weiter und fand in den steinzeitlichen Höhlenmalereien ebenso seinen Niederschlag wie im Zeichen des Stiergehörns. Objekte aus Gold sind oft auch als Hinweis auf die Sonne zu verstehen.
Mit einem Stier in Verbindung steht auch der Sonnengott Mithras, der als Mittler zwischen Gut und Böse, Licht und Dunkelheit sowie als Hüter des Rechts galt. Die älteste Erwähnung entstammt einer hethitischen Urkunde aus dem Jahr 1.350 v. Chr.
Der Mithraskult verbreitete sich von Persien ausgehend im 2. Jahrhundert n. Chr. über das gesamte römische Reich. Im 3. Jahrhundert n. Chr. war er sogar beliebter als das Christentum. Im Mittelpunkt dieses streng hierarchisch organisierten Kultes stand die Tötung eines Stieres, die an die Tötung des Urstieres Guesh erinnern sollte. Mit dem Blut des Opfertieres und der Taufe mit dem Blut sollte die Welt gerettet werden und eine Verjüngung erfahren. Die Anhänger trafen sich in unterirdischen Räumen. Mit Ausnahme von Frauen konnten Angehörige aller Gesellschaftsschichten an den Kulthandlungen teilnehmen. Überlieferte Kultbilder zeigen, wie Mithras von links kommend den Stier an Hörnern oder Nüstern zurückreißt und ihm einen Dolch in die Seite stößt.
Mithras wird stets mit einer phrygischen (skythischen) Mütze dargestellt. Sie hat einen nach vorn in die Stirn geschlagenen runden Zipfel und wurde aus Wolle oder Leder gemacht. Ursprünglich war sie aus einem gegerbten Stierhodensack mit umliegender Fellpartie gefertigt. Damit sollten die besonderen Fähigkeiten und die Kraft des Stieres auf den Träger übergehen.
Aus dem Mithraskult entsprang auch das mit der unbezwingbaren Kraft der Sonne verbundene römische Mithrasfest – Sol Invictus – am 25. Dezember.
Objekte aus der Sammlung
Urnenfeldzeitliche Mondidole
Typische Funde aus urnenfelderzeitlichen und hallstattzeitlichen Siedlungen in Mitteleuropa sind die Feuerböcke, die in der Literatur auch als Mondidole bezeichnet werden, da ihre Form an einen Halbmond erinnert. mehr...
Archäologiemuseum, Schloss Eggenberg
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