Der Kampf um die Seelen

Im Zeitalter der Glaubensspaltung

Ganz Europa steht um die Mitte des 16. Jahrhunderts im Zeichen der Spaltung in Katholiken und Protestanten. Beide Lager stehen einander unversöhnlich gegenüber. Die protestantische Kritik zielt ab auf den exzessiven Heiligenkult und den Sittenverfall bei vielen Vertretern der Kirche. Sakramentenlehre und Papsttum werden abgelehnt. Darauf reagiert die römische Kirche mit dem Konzil von Trient. Die angefochtenen Lehrinhalte werden dort bekräftigt. Umfassende Reformen folgen. Der Klerus wird diszipliniert, die praktische Seelsorge neu belebt, das Unterrichtswesen erneuert.

Die katholische Kirche sieht sich als Kämpferin für die Wahrheit. Eine Elitetruppe im Wortsinne ist der Jesuitenorden, dessen Mitglieder sich als geistliche Soldaten Christi verstehen. In diesem Kampf wird auch die Kunst zur Waffe, ein ideales Instrument der Glaubensverbreitung.

Bildinformationen

Kunstwerke im Überblick

Der Triumphator

Erzherzog Ferdinand (1578–1637), Regent von Innerösterreich, sieht sich als standhafter Vorkämpfer des katholischen Glaubens. Unter dem Einfluss seiner streitbaren Mutter und jesuitischen Lehrer wird der Kampf gegen die „Ketzerei“ zu seiner Lebensaufgabe. Sein biblischer Wahlspruch zeigt, auf welcher Seite er sich sieht: Legitime certantibus – unter den gerecht Streitenden, denen Gott die Krone der Gerechtigkeit verleihen wird.

Der protestantische Gegner wird in diesem Programmbild des Hofmalers zum Inbegriff des Bösen, der keine Nachsicht verdient.  Wer ihn bekämpft, kommt dem himmlischen Teufelsbesieger gleich. Daher erscheint Ferdinand in der Pose des Erzengels Michael. Der Unterlegene ist nicht mehr Satan, sondern die „Irrlehre“, eine hässliche Alte, die von Zeit und Wahrheit entlarvt wird. Weltliche Motive aus der heidnischen Antike werden herangezogen, um die Rolle des christlichen Triumphators zu veranschaulichen: Minerva, die Göttin der Weisheit, steht dem Sieger zur Seite.

1619 wird Ferdinand zum römischen Kaiser gewählt. Seine Regierung steht ganz im Zeichen der Gegenreformation, die er nun auf Reichsebene durchzusetzen versucht. Ein Dreißigjähriger Krieg ist die Folge, der sein Reich verwüstet zurücklässt.

Erzherzogin Maria stiftet das Klarissenkloster in Graz

Das rundbogige Gemälde stammt ursprünglich von einem Seitenaltar der Klosterkirche der Klarissen in Graz. Es war Teil einer gewaltigen Propagandaschlacht, in der auch Künstler im Auftrag des innerösterreichischen Hofes katholische Glaubensinhalte im ganzen Land verbreiten helfen sollten.

Die Hl. Klara als Patronin der Klarissen erscheint in der Oberzone des Gemäldes direkt neben dem Jesusknaben. Die Legende lobt im Besonderen Klaras Mut und Gottvertrauen. Allein, nur mit der emporgehaltenen Monstranz, soll sie ein feindliches Heer vertrieben haben. Auch in diesem Bild zeigt sie die Monstranz mit der Hostie, um die evangelischen Gegner als neue Glaubensfeinde abzuwehren. Daneben verweist diese Präsentation der Hostie neben dem Christuskind auch auf eine wesentliche katholische Glaubenslehre, nämlich die sog. Realpräsenz, die tatsächliche nicht nur symbolische Anwesenheit Christi in Wein und Brot während der Wandlung, die von den Protestanten geleugnet wurde. Die Stifterin des Klosters, Erzherzogin Maria, erscheint selbst im Bild. In dunkler Witwentracht präsentiert sie, gestützt vom Hl. Franziskus, ein Modell ihrer Stiftung.

Erzherzog Ferdinand (ab 1619 Kaiser Ferdinand II.) ging mit drastischen Maßnahmen gegen die Protestanten in Graz vor, das in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts großteils evangelisch geworden war. Als wichtige Kaderschmiede diente den Evangelischen ihre Schule, die im Spital „Zu den Allerheiligen im Paradeis“ an der linken Murseite eingerichtet wurde. 1599 ließ Ferdinand diese Schule schließen und schon im folgenden Jahr bot es seine Mutter, Maria von Bayern, den Klarissen ihrer Heimatstadt München als neues Klostergebäude an. Maria blieb dem Kloster zeitlebens verbunden und wurde später als Tertiarin des Ordens hier auch beigesetzt.

"Rette Mich Aus Dem Rachen Des Löwen"

Sehen heißt lernen – Glaubensunterweisung

Teodoro Ghisis Gemälde ist ein gemalter Katechismus. Wie auf einer Schautafel für die Glaubensunterweisung, die Katechese, werden die Inhalte in anschaulicher Form illustriert. Gläubige sollen das Glaubensbekenntnis Satz für Satz nachvollziehen, indem sie Bild für Bild betrachten und entschlüsseln. Getreu dem Schöpfungsbericht benennt das Bekenntnis
gleich zu Beginn den einen Gott als Schöpfer der Welt: 


Ich glaube an den einen Gott, Schöpfer des Himmels und der Erde

Empfangen durch den Heiligen Geist

     Verkündigung

Geboren von der Jungfrau Maria

     Geburt Christi

Gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben

     Beweinung Christi

Hinabgestiegen in das Reich des Todes

     Christus in der Vorhölle

Aufgefahren in den Himmel, er sitzet zur Rechten des Vaters

     Anbetung von Gottvater und Sohn durch die Apostel

Von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten

     Jüngstes Gericht

Ich glaube an den Heiligen Geist

     Herabkunft des Heiligen Geistes zu Pfingsten, Gründungsfest der Kirche

Ich glaube an die eine heilige, katholische und apostolische Kirche

     Gütergemeinschaft der ersten Christen

Vergebung der Sünden

     Petrus, der erste Bischof von Rom, leitet die Gemeinde.

     Im Hintergrund wird die Beichte abgenommen

Auferstehung der Toten

     Vision des Propheten Ezechiel

und das ewige Leben. Amen

     Krönung Mariens durch Gottvater und Christus, Gemeinschaft der Heiligen

Glauben heißt leiden – Compassio

Im alten, heute verschwundenen Westflügel der Grazer Burg richtet Erzherzogin Maria eine neue Hofkapelle ein. Von der prächtigen Ausstattung haben sich nur Reste erhalten. Das Altargemälde stammt von dem Venezianer Giulio Licinio. Dargestellt ist ein typisch oberitalienisches Thema: Der vom Kreuz abgenommene Christus wird von Engeln beweint. Die Versenkung in das Leiden des Erlösers ist ein Anliegen der Zeit. Das Mitleiden, compassio, hilft den Gläubigen, die aus der Gottesfurcht erwachsende Distanz zu überwinden. Die sinnliche Vorstellung vom Leiden Christi führt zur Verbindung mit Gott.

Die Wahl dieses Altargemäldes zeigt, dass auch Erzherzogin Maria sich als Leidende in der Nachfolge Christi betrachtet. Der geopferte Gottessohn steht auch für das Sakrament der Eucharistie, ein zentrales Dogma der katholischen Kirche.