2. Newsletter zum Projekt
Die klimatischen und naturräumlichen Voraussetzungen haben die Entwicklung der Landwirtschaft im nordöstlichen Slowenien und der südlichen Steiermark seit Tausenden von Jahren beeinflusst. Die dort lebenden Menschen entwickelten auf dieser Grundlage für ihre Ernährung regionale Besonderheiten. Das Projekt PalaeoDiversiStyria, betrieben von einem österreichisch-slowenischen Team unter der Leitung des Universalmuseums Joanneum, wird durch das Interreg-Programm SI-AT 2014-20 finanziert. Es verbindet die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse aus Archäologie, Archäobotanik und Archäozoologie mit moderner Landwirtschaft und Tourismus.
ERFORSCHUNG DER URGESCHICHTE UNTER DER OBERFLÄCHE
Am Ende des heißen Sommers haben die Archäologinnen und Archäologen des Denkmalschutzamtes der Republik Slowenien mithilfe einer größeren Gruppe von Experten das Gebiet der Fundstätten im Bacherngebiet bei Hoče (Hočko Pohorje) und die Siedlung auf dem Hügel Čreta bei Slivnica untersucht. Die beiden Fundstätten am Rand des Bacherngebirges (Pohorje) wurden von der Expertengruppe mit sog. nichtinvasiven archäologischen Methoden, wie etwa geophysikalischen Untersuchungen, zunächst erforscht, die die besten Ausgangspunkte für die Planung von Ausgrabungen und die Entnahme von Proben für weitere Analysen geschaffen haben.
Dabei waren die Untersuchungen an der Fundstätte Čreta aussagekräftiger. Es wurde nämlich durch die archäologischen Ausgrabungen bestätigt, dass sich auf dem Plateau am Gipfel des Hügels Überreste einer gut erhaltenen prähistorischen Siedlung mit einem befestigten Erdwall und Überreste von Gebäuden im Inneren befanden. Die Siedlung war in der älteren Eisenzeit vom Ende des 9. bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. und weniger intensiv zur Römerzeit in den ersten nachchristlichen Jahrhunderten besiedelt. Die Ausgrabungen bieten neue Erkenntnisse über die Zubereitung von Nahrung und die Lebensweise in der älteren Eisenzeit. Es wurde eine Tonfeuerstelle entdeckt, in der beschädigte keramische Gefäße lagen. Für den Bau der dazugehörigen Gebäude wurde Eichenholz und aller Wahrscheinlichkeit nach auch Kirschholz verwendet, wie Analysen von verkohlten Überresten ausgegrabener Pfosten zeigten, die an der Universität Maribor durchgeführt wurden. Die zahlreichen Proben aus den archäologischen Schichten werden uns in Zukunft noch bessere Einsichten in den Alltag unserer Vorfahren ermöglichen.

Die Forscher entdecken im Projekt jeden Tag neue Beweise für die Biodiversität der Pflanzen und Tiere, die unsere Vorfahren in der slowenischen und österreichischen Steiermark anbauten bzw. hielten. Parallel zu den archäobotanischen Analysen verlaufen auch archäozoologische Untersuchungen zu den Proben zoologischer Überreste und Tierknochen, die aufgrund eigener Ausgrabungen und aus anderen Fundstätten des Programmgebiets zusammengetragen wurden. Die Untersuchungen der Experten vom Forschungszentrum der Slowenischen Akademie der Wissenschaften und Künste (ZRC SAZU) konzentrieren sich auf die Bestimmung der Tierarten und die Suche nach unterschiedlichen Spuren auf den Knochen. Diese Daten bieten Aufschluss zum Tierbestand in der Geschichte und umfassen neben Schlachttieren auch andere Nutz- und Heimtiere.

PFLÜGEN WIE VOR 7.000 JAHREN
In Großklein hat das EU-Projekt PalaeoDiversiStyria mit Holzpflug und alten Getreidesorten ein Testfeld in Betrieb genommen.
Im Rahmen des Projektes pflügten Wissenschaftler/innen des Universalmuseums Joanneum und der Karl-Franzens-Universität Graz in Großklein einen Acker und bestellten ihn mit Emmer. Anstatt moderne Geräte einzusetzen, wurden Techniken angewendet, die bereits in der Jungsteinzeit bekannt waren. Ausschlaggebend für den Versuch war der Fund eines jungsteinzeitlichen Tonlöffels bei den diesjährigen archäologischen Grabungen in Kleinklein, der die Besiedlung des Großkleiner Raumes schon vor 7.000 Jahren bestätigt.
Die Archäologinnen und Archäologen des Universalmuseums Joanneum bauten hierfür einen Holzpflug nach, wie er in der Jungsteinzeit zum Einsatz kam. Dieser sogenannte Ritzpflug wurde von ein bis zwei Personen gezogen und von einer weiteren Person gesteuert.
Bei dem experimentalarchäologischen Versuch wurde sogenannter Emmer ausgesät. Der Emmer zählt zusammen mit dem Einkorn (Triticum monococcum) zu den ältesten kultivierten Weizenarten. Die ältesten Nachweise fanden sich im Gebiet des Fruchtbaren Halbmondes im Nahen Osten aus der Zeit um 8.000 v. Chr. Trotz seiner früheren Beliebtheit verlor er jedoch in Europa relativ schnell an Bedeutung.
Ab dem nächsten Jahr können interessierte Besucherinnen und Besucher auf dem Testfeld einen direkten Vergleich zwischen dem modernen maschinellen und dem steinzeitlichen Getreideanbau sehen. Das Testfeld, das direkt neben der Straße zwischen Kleinklein und Mantrach in der Marktgemeinde Großklein liegt, wird mit Informationstafeln ausgestattet und kann jederzeit besichtigt werden.
NEUES ZUM ANBAU URSPRÜNGLICHER PFLANZENSORTEN IN DEN BOTANISCHEN GÄRTEN
Die Versuchsäcker der botanischen Gärten Graz und Hoče konnten im Sommer erstmals beerntet werden. Neben ursprünglichen Getreidearten wie Einkorn, Emmer oder Kolbenhirse wurden auch kleinfrüchtige Ackerbohnen kultiviert. Das Erntegut wurde sortiert gelagert und steht für Vergleichsanalysen und zur weiteren Aussaat bereit. Anfang Oktober wurde auch schon die nächste Aussaat von Wintergetreide vorgenommen, wie zum Beispiel dem roten und schwarzen Winteremmer oder dem Zwergweizen. Es zeigen sich schon erste Pflänzchen.
Die Universität Maribor hat mittlerweile auch eine Samen- sowie eine Genbank für Paläopflanzen eingerichtet, von denen im Oktober bereits 21 Getreidesorten zusätzlich ausgesät wurden. Diese werden nun durch ein Netz von Bewässerungsgräben bewässert. Zudem können nun auch ursprüngliche Pflanzenarten von Kräutern bis hin zu Sträuchern im stets wachsenden Botanischen Garten bewundert werden.
VOM SAMEN BIS ZUR POLLE – ARCHÄOBOTANISCHE UNTERSUCHUNGEN
Von den archäobotanischen Analysen verschiedenster archäologischer Fundstellen in der Steiermark liegen bereits erste Berichte vor. So wurden etwa aus Fundstellen in Wagna, Frauenberg, Grafendorf und Kleinstübing Pflanzen aus der Römerzeit nachgewiesen, aus dem „Rittersaal“ in der Peggauer Wand dürften die analysierten Proben gar aus der Kupferzeit stammen und werden das Bild von Landschaft, Landwirtschaft und Ernährung in der Steiermark in vergangenen Zeiten schärfen.
Im Zuge des Projekts wurde eine pollenanalytische Untersuchung an einer römerzeitlichen Fundstelle bei Wörterberg, Bezirk Güssing, durchgeführt. Das untersuchte Profil, das an der Lafnitz bei Wörterberg entnommen wurde, gibt Einblicke in die Entwicklung der unmittelbaren Landschaft und die Einflüsse der Menschen von einer weitgehend waldfreien Landschaft in der Latène-Zeit mit folgenden Perioden vermehrten Getreideanbaus und Ausbildung sekundärer Kiefernwälder bis hin zur erneuten Reduzierung der Baumbestände, möglicherweise im Zusammenhang mit der Zunahme von Eisenverhüttung gegen Ende der Römerzeit.
Archäologiemuseum, Schloss Eggenberg
Eggenberger Allee 90
8020 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9560
archaeologie@museum-joanneum.at
Öffnungszeiten
1. November bis 17. Dezember nur mit Führung nach Voranmeldung
April bis Oktober Di-So, Feiertag 10 - 18 Uhr
Zusätzliche Termine entnehmen Sie bitte dem Kalender.