Vorbereitung auf den Krieg

"Von der Pike auf lernen" und "Etwas im Schilde führen"

"Von der Pike auf lernen"

Man wähnt sich in Friedenszeiten. Kein Gedanke an eine kriegerische Auseinandersetzung scheint in den Köpfen der Verantwortlichen zu kreisen. Und doch: Kinder spielen Krieg, schulen sich in Geschicklichkeit. Was im Spiel beginnt, wird für den heranwachsenden Herrscher immer mehr zum Ernst. Er wird auf den Krieg vorbereitet. Auf seinem Stundenplan stehen das Waffenwesen und die taktische Kriegsführung. 

 

Es gilt, die „Sieben Ritterlichen Künste“ zu erlernen: Reiten, Schießen mit Pfeil und Bogen, Fechten, Schwimmen, Jagen, das Schachspiel und die Dichtkunst.

 

In Lehrbüchern wie dem von Maximilian I. beauftragten Weisskunig wird in idealisierter Form die Ausbildung festgelegt. Vordergründig geht es um den Schutz für sein Land.

 

 Ausstellungshighlights

Holzschnitt, Foto: UMJ/N. Lackner

Hans Burgkmair (1473–1531)

Der junge Weisskunig spielt mit anderen Kindern

 

In: Marx Treitzsaurwein, Der Weiß Kunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten, 1514–1516 (Erstpublikation Wien 1775)

 

Monogramm auf dem Tischtuch: H·B

Holzschnitt

Bildrand: 22 x 19,6 cm

Inv.-Nr. AG.K. 7909

Provenienz: Erwerbung vor 1937

 

 

Dieser Holzschnitt gehört zum zweiten Teil der spätmittelalterlichen Publikation Weisskunig. Der Druck erläutert die Ausbildung eines zukünftigen Herrschers, der schon als Kind neben den Sieben Freien Künsten vor allem die Sieben Ritterlichen Künste zu erlernen hat: Reiten, Schießen mit Pfeil und Bogen, Fechten, Schwimmen, Jagen, das Schachspiel sowie die Dichtkunst. Zu sehen ist der junge „weise König“ (Weisskunig) – gekennzeichnet mit einem Haarkranz – in einer Synchrondarstellung beim Reiten auf den Schultern seines Vaters, beim Spannen eines Bogens und Armbrustschießen, beim Turnierspiel sowie an einem Geschütz. In der Vorstellung des Auftraggebers lernte der Weisskunig schnell, so das Er alle ander der fursten und herrn kinder ubertraff.

 

Maximilian I. (1459–1519) beauftragte seinen Sekretär Marx Treitzsaurwein (um 1450–1527) mit der Verfassung zweier autobiographischer Schriften. Eine davon ist die Geschichte des Weisskunig. Das Werk besteht aus drei Teilen, die eine Mischung aus Heldenroman, Chronik und Fürstenspiegel bilden.

 

Das Projekt konnte jedoch bis zum Tod Maximilians nicht vollendet werden. Es gibt Probedrucke der Holzschnitte aus den Jahren 1514–1516. Text und Illustrationen wurden jedoch erst 1775 in Wien veröffentlicht.

Holzschnitt, Foto: UMJ/N. Lackner

Hans Burgkmair (1473–1531)

Der junge Weisskunig lernt das Artilleriewesen

 

In: Marx Treitzsaurwein, Der Weiß Kunig. Eine Erzehlung von den Thaten Kaiser Maximilian des Ersten, 1514–1516 (Erstpublikation Wien 1775)

 

Monogramm auf dem Mörser: H·B

Holzschnitt

Bildrand: 22,1 x 19,6‑20 cm

Inv.-Nr. AG.K. 7932

Provenienz: Erwerbung vor 1937

 

 

Der junge Weisskunig (siehe oben), zu erkennen an dem prunkvollen Mantel mit Hermelinkragen, besucht eine Werkstatt, die Geschütze herstellt. Die Raumsituation ist nicht eindeutig. Es ist unklar, ob sich die Personen auf einem Vorplatz oder in einem großen Raum, einer Art offenen Halle befinden. Im linken oberen Bildviertel ist ein Ausblick in eine Landschaft und auf ein typisches Fachwerkhaus der Dürerzeit gegeben. Für die Herstellung von Gerätschaften der Artillerie wurde viel Platz benötigt. Kanonenrohre und Kugeln von verschiedenen Größen liegen durcheinander am Boden. Die beiden Handwerker sind in moderner Schlitzkleidung und mit für ihren Beruf typischen ledernen Schürzen dargestellt. Einer von ihnen scheint dem König das Geschütz zu erklären, während der andere in seiner Arbeit innehält. Er hat das Innenrohr gerade mit einer Feile bearbeitet, so dass die Kugel beim Schuss einen Drall zur Stabilisierung der Flugbahn erhält. Im Vordergrund steht ein Mörser, ein Steilfeuergeschütz mit sehr kurzem Rohr, das schwenkbar war und in der frühen Zeit vor allem bei der Verteidigung von Festungsanlagen verwendet wurde.

 

Maximilian I. wird in der Literatur zum Kriegswesen immer wieder hervorgehoben, da er vor allem für die Feldartillerie wesentliche Neuerungen eingeführt hat, die über Jahrhunderte bestehen blieben. So teilte er die Artillerie in verschiedene Geschütztypen nach Kaliber ein und schuf damit eine Vereinheitlichung, die die Produktion der Kugeln nach einer bestimmten Norm ermöglichte.

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Radierung, Leihgabe Universitätsbibliothek Graz

Gotthard Ringgli (1575–1635)

Wie viel Pulver in einer Stuckbüchsen geladen werden soll, 1614

 

In: Leonhard Zubler, Nova Geometrica Pyrobolia: Neuwe Geometrische Büchsenmeisterey, […], Zürich oder Basel 1614

 

Radierung

Plattenrand: 10,4 × 12,9 cm

Leihgabe der Universitätsbibliothek Graz

Inv.-Nr. I 18.597 

Provenienz: Bibliothek Paul Guldin (1577–1643)

 

 

Eine wichtige Rolle für das Kriegswesen spielten Militär- und Vermessungsingenieure. Gerade im 16. und 17. Jahrhundert erfuhren Kriegskunst und Waffentechnik wesentliche Fortschritte. Für eine erhöhte Zielgenauigkeit der Feldgeschütze wurden Messinstrumente und mathematische Berechnungen entwickelt. Darin involviert waren bedeutende Instrumentenbauer, Zirkelmacher und Mechaniker. 

 

Als ausgebildeter Goldschmied beschäftigte sich der Autor Leonhard Zubler (1563–1611) auch intensiv mit Mathematik, dem Vermessungswesen und Instrumentenbau. Anfang des 17. Jahrhunderts machte er sich einen Namen in Zürich bzw. der Schweiz. Die 1608 erstmals in Basel aufgelegte Neuwe geometrischeBüchsenmeisterey erfuhr zwei Auflagen – die hier ausgestellte stammt aus dem Jahr 1614. Darin beschreibt Zubler ein von ihm entwickeltes Vermessungsinstrument, das im Buch die Bezeichnung „Geometrisches Büchseninstrument“ erhält und in der Fachliteratur „Zublerzirkel“ genannt wird. Neben dem Einsatz für die Artillerie war dieses Instrument bei der Vermessung zum Aufbau eines Feldlagers hilfreich, konnte aber auch für zivile Zwecke eingesetzt werden, etwa für die Vermessung von Gebäuden oder zum Einrichten von Bergstollen.

 

Die aufgeschlagene Seite 29 zeigt die Handhabung des Geräts für die Bestimmung der Menge des Schießpulvers, das in ein Geschütz eingebracht werden musste. Je nach Material der Kugel – Stein, Eisen oder Blei – wurde die Menge eigens berechnet und wie im Text beschrieben auf dem Geschütz angezeichnet. Fachleute bezweifeln jedoch die Wirksamkeit dieses Geräts, zumal sich keines bis heute erhalten hat. Das Buch stammt ursprünglich aus der Bibliothek des Schweizer Astronomen Paul Guldin (1577–1643), der an den Universitäten in Rom, Graz und Wien Mathematik lehrte. Seine rund 300 Bände umfassende Fachbibliothek befindet sich heute in den Sondersammlungen der Universitätsbibliothek in Graz.

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"Etwas im Schilde führen"

Eine wichtige Rolle für das Kriegswesen spielen Militär- und Vermessungsingenieure. Instrumentenbauer, Zirkelmacher und Mechaniker entwickeln Messinstrumente. Waffen und Kriegsmaschinen werden für den Angriff und die Verteidigung angefertigt. Pferde werden dressiert und Soldaten vorbereitet.

 

Erbstreitigkeiten, Gebietsansprüche, Machtbestrebungen, Habgier und Neid heizen die Stimmung auf – bis Vereinbarungen nicht mehr eingehalten, Gegebenheiten ignoriert werden. Ein Vertrag wird zerrissen, zerschnitten, ungültig gemacht. Dann gilt es, die tüchtigsten Männer zusammenzurufen, auszusuchen und bereit zu machen für den Marsch in den Kampf. Mit Schusswaffen und Spießen bewaffnet, stehen sie geordnet in Reih und Glied. Pro Geviert reiht sich ein Trommler ein. Er gibt den Marschrhythmus vor.

 Ausstellungshighlights

Radierung, Foto: UMJ/N. Lackner

Jacques Callot (1592–1635)

Die Anwerbung der Truppen

 

Aus der Reihe: Die großen Schrecken des Krieges, 1633

 

Signatur rechts unten: Callot inv et fec.

Radierung

Plattenrand: 8,1 x 18,7 cm

Inv.-Nr. AG.K. 8481

Provenienz: Erwerbung vor 1937

 

 

In Reih und Glied geordnet werden die Truppen auf den Marsch und den Kampf vorbereitet. Vorne stehen die Büchsenschützen (oder Musketiere genannt) mit Schusswaffen und Spießen. Dahinter stellen sich die Reiter in Position, stolz den rechten Arm in die Seite gestemmt. Pro Geviert (kleinere Einheit eines Bataillons) ist ein Trommler eingereiht – er gibt den Marschrhythmus vor.

 

Links melden sich Söldner neu an und bekommen Waffen ausgehändigt. Der Schreiber verwendet eine Trommel als Unterlage, um die Namen zu notieren.

Rechts wird an einem Tisch der erste Sold ausbezahlt – ein erster Ansporn. Später sollte dieser ebenso regelmäßig fließen, doch sind die Kriegskassen oft leer und die Söldner bekommen nichts, weshalb es häufig zu Plünderungen kommt.

Alles wirkt noch sehr geordnet und motiviert. Callot zeigt hier eine idealisierte Darstellung, wie sie sich nur Feldherren wünschen konnten.

 

1633, zwei Jahre vor seinem Tod, radierte der lothringische Ausnahmegraphiker Jacques Callot (1592–1635) die 18-teilige Serie Les Grand Misères de la GuerreDie großen Schrecken des Krieges. Die erste Auflage erschien noch ohne Texte. In der zweiten Auflage nummerierte der Künstler die Blätter und ergänzte sie mit Versen von Michel de Marolles (1600‑1681), einem französischen Geistlichen, Kunstsammler und Historiker. Beim Blatt der Anwerbung mahnt der Dichter den Soldaten, sich mit Tugend gegen das Laster zu wappnen.

Alte Galerie, Schloss Eggenberg

Eggenberger Allee 90
8020 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9560
altegalerie@museum-joanneum.at

 

Öffnungszeiten


April bis Oktober Di-So, Feiertag 10 - 18 Uhr 
1. November bis 17. Dezember nur mit Führung nach Voranmeldung

Zusätzliche Termine entnehmen Sie bitte dem Kalender.

Öffnungszeiten der Bibliothek
Di-Fr 10 - 12 Uhr und nachmittags gegen Voranmeldung