Um das Heer zum Ort einer Schlacht zu führen und dort seine Unterbringung und Versorgung zu ermöglichen, muss ein Heerlager errichtet werden. Hier ist besonders gute Organisation nötig. Eine Sicherung nach außen wird meist durch Wagenburgen und Erdwälle bewerkstelligt. Soldaten und Zivilpersonen, die im Tross mitziehen, müssen mit Nahrungsmitteln versorgt werden. Für Pferde und andere Zugtiere sowie für das Vieh braucht man Futter. Im Zentrum befinden sich die Zelte der Befehlshaber des Feldzuges, um sie herum stehen jene der Soldaten.
Ein Militärbeamter, der Feldgerichtsschultheiß, sorgt für die Einhaltung der Lagerordnung. Ihm obliegt die Gerichtsbarkeit. Die Strafen gehen von Verstümmelungen bis zur Todesstrafe. So werden die Soldaten vor allem vom Desertieren und vom Überlaufen zum Feind abgeschreckt. Künstler müssen die Bücher zur Kriegskunst illustrieren. Sie geben auch Einblick in das tägliche Leben im Lager, das meist beschwerlich ist, aber auch vergnügliche Ereignisse bietet.
Ein Tag aus dem Tagebuch des Söldners Peter Hagendorf. |
Ausstellungshighlights |
Jan de Visscher (1633/36 – nach 1692)
Soldaten bei einem Marketenderzelt
Nach Philips Wouwerman (1619–1668)
Signatur unten Mitte: J. de Vißcher fecit.
Radierung
Blatt: 33,8–34 × 39–39,2 cm
Inv.-Nr. AG.K. 1083
Provenienz: Erwerbung vor 1937
Philips Wouwerman war der prominenteste holländische Maler von Kriegs- und Pferdeszenen im 17. Jahrhundert. Druckgraphiken nach seinen beliebten Gemälden wurden ab den späten 1650er Jahren im Verlag der Brüder Dancker und Justus Danckerts in Amsterdam herausgegeben.
Wouwerman entwickelte ein Genre, das sehr anschaulich ist und doch die Erholung der Soldateska beschönigt. Feiste Hauptmänner halten bei Marketenderzelten, die durch Buschenschankzeichen und Flaggen erkennbar gemacht sind. Die Hauptleute verfügen über wohlgenährte Pferde. Vor dem Zelt stehen sie mit selbstgefällig vorgestrecktem Bauch und erfreuen sich des Bieres und Weines. Die Marketenderinnen in seinen Bildern sind immer jung und anmutig. Sie schenken aus und sind offenbar nicht abgeneigt, sich den Männern anzubieten. Am Rande bettelt ein Knabe mit dem Hut in der Hand. Rechts nähert sich der Tross mit Packtieren aus dem Hintergrund.
Jost Amman (1539–1591)
Feldlager vor einer befestigten Stadt
In: Leonhart Fronsperger, Von kayserlichem Kriegsrechten Malefitz und Schuldhändlen Ordnung und Regiment …, gedruckt von Georg Raben, verlegt von Sigmund Feyerabend, Franckfurt am Mayn 1566
Radierung
Blatt: 29 × 56 cm
Leihgabe der Universitätsbibliothek Graz
Inv.-Nr. III 21.971
Provenienz: Johannes Ignaz und Johann Ferdinand Joseph Herberstein
Leonhart Fronsperger (um 1520–1575) nannte Bayern sein Heimatland. Ursprünglich war er selbst Landsknecht, im „Türkenkrieg“ von 1566 war er als Feldgerichtsschultheiß (oberster Beamter und Richter) tätig. Er gilt als der bedeutendste deutsche Militärschriftsteller des 16. Jahrhunderts. Mit seinem Buch Von kayserlichem Kriegsrechten versuchte er vor allem die Landsknechte, die bislang ihrem eigenen Recht unterworfen waren, in ein geregeltes Söldnerwesen zu überführen, das der Landfriedens- und Polizeiordnung unterlag. In sein berühmtes Kriegsbuch sind Teile der Kriegsrechten integriert.
Jost Amman lieferte für das Buch nicht nur zahlreiche Holzschnitte, sondern auch breitere Radierungen, die gefaltet sind und zur Betrachtung aufgeschlagen werden müssen. Das Feldlager vor einer befestigten Stadt oder Festung zeigt recht schematisch, wie man sich Aufbau und Organisation eines solchen Lagers vorstellen muss. In der Mitte werden die Zelte der Befehlshaber und der Richter aufgebaut, danach die Unterkünfte der Fußknechte, der Schanzgräber und außen der Reiterei. Plätze für die Waffen, für die Tiere, ein Marketenderplatz für den Verkauf von Lebensmitteln etc. sind vorgesehen. Nach außen schützt eine Wagenburg. Am „Lermenplatz“ versammeln sich die Einheiten. Zwischen den Männern sind immer wieder Frauen bei Arbeiten und mit Kindern zu sehen. Die äußerst prekäre hygienische Situation kulminiert im „Mum oder Scheißplatz“, links oben, außerhalb der Wagenburg.
Fronsperger schildert den Ablauf eines Gerichtsprozesses. Als Beispiel nennt er die Enthauptung eines Mannes, der während der Wache betrunken einen Kameraden verletzte. Daher ist auch außerhalb des Lagers ein Galgen aufgerichtet. Hinrichtungen fanden grundsätzlich vor versammelter Mannschaft statt.
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Jacob de Gheyn II (1565–1629)
Trommler, 1587
Aus der Serie: Offiziere und Soldaten
Signatur links unten: I. de. Gheyn sculp.
Kupferstich
Blatt: 20,4 x 15,3–15,5 cm
Inv.-Nr. AG.K. 1958/135
Provenienz: Ankauf Radakovic 1958
Trommler und Pfeifer hatten innerhalb des Heeres eine gesonderte Stellung und eigene Aufgaben. Sie mussten die Truppe zur Übung, zum Abmarsch und zum Kampf zusammentrommeln. Sie gaben den Marschrhythmus vor und feuerten die Kämpfer an. Befehle wurden oft in verschlüsselter Form verkündet und die martialischen Töne demonstrierten Überlegenheit sowie Stärke und sollten so den Feind einschüchtern.
Laut dem Militärschriftsteller und Feldgerichtsschultheiß (Richter) Leonhart Fronsperger (um 1520–1575; siehe oben) mussten sich die Trommler allezeit bei des Fähnrichs Unterkunft aufhalten, um jederzeit für einen Befehlsempfang greifbar zu sein. Sie mussten nicht nur die Trommel schlagen, sondern auch mit fleiß ausschreyen können, daher war es notwendig, daß die Trommelschlager gute helle und verstendtliche stimmen haben sollten.
Die Trommel wurde aber nicht nur für Signale verwendet, sondern auch als Unterlage, etwa bei der Anwerbung der Truppen zur Listenerstellung oder oftmals auch als Spieltisch. Soldaten würfelten darauf oder spielten Karten.
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Georg Philipp Rugendas d. Ä. (1666–1742)
Geburt im Feldlager
Signatur unten links: Georg Philipp Rugendas Pict. jnvent, del. fec. et excud. Aug. Vind.
Schabblatt, Radierung
Plattenmaß: 48,9 × 66,5–66,7 cm
Inv.-Nr. AG.K. 2493
Provenienz: Erwerbung vor 1937
Georg Philipp Rugendas war der produktivste Bataillenmaler Deutschlands im Barock. Er verstand es bestens, Szenen zu gestalten, die das Publikum ansprachen und so das Schlachtengenre zu etablieren. In Augsburg wurde er 1710 zum ersten evangelischen Direktor der dortigen Kunstakademie. Sein umfangreiches graphisches Œuvre umfasst Schabblätter, Radierungen, Kupferstiche und viele Entwürfe. Wir wissen, dass seine rechte Hand durch eine Fistelerkrankung beeinträchtigt war, sodass er gezwungen war, sich auf das Arbeiten mit der linken Hand umzustellen.
In vier Schabblättern thematisiert Rugendas das Leben in einem Feldlager. Da die Kriege unendliche Not unter den Zivilisten verursachten, waren viele Frauen und Kinder gezwungen, mit dem Heer mitzuziehen. Anders hätten sie nicht überleben können. So bildeten sich zweckmäßige Beziehungen. Die Kirchen versuchten, möglichst viele Paare zu verheiraten. Unter Umständen, die wir heute nur als schrecklich ansehen können, mussten Frauen die Kinder im Lager zur Welt bringen und versuchen, sie durchzubringen.
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