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Mit der Ausstellung „Unseen Futures to Come. Fall“ widmet sich das Kunsthaus Graz der Unsicherheit als wesentlichem Aspekt des heutigen Lebens

 

Graz, 17.09.2025

 

Die Ausstellung „Unseen Futures to Come. Fall“ vereint zwölf künstlerische Positionen, die sich mit der Ungewissheit unseres gegenwärtigen Moments auseinandersetzen. Durch Werke, die Zusammenbruch, Resilienz und Transformation verhandeln, reflektiert die Ausstellung jene Gegensätze, die das menschliche Dasein durchziehen: Liebe und Tod, Chaos und Ruhe, Zerstörung und Fürsorge. In einer Zeit, in der die Grundlagen unserer Welt instabil erscheinen, bietet die Ausstellung keine Antworten, sondern einen Raum, um das sich verändernde Zusammenspiel zwischen Vernunft und dem Unbekannten nachzuzeichnen. Zentrales Werk in der Ausstellung ist eine Bibliothek namens Fall. A Library of Twilight Worlds, konzipiert vom italienischen Philosophen Federico Campagna.

Künstler*innen der Ausstellung: Eva Pichler (zweintopf), Andrej Škufca, Vladimir Nikolić und Christoph Grill (v.l.) mit Kuratorin und Leiterin des Kunsthauses Graz Andreja Hribernik und Assistenzkurator Martin Grabner, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

Obwohl Ungewissheit schon immer Teil unserer Realität war, scheint sie heute präsenter denn je zu sein: Die globale Prekarität wird durch die unkontrollierte Ausbeutung natürlicher Ressourcen und von Menschen befeuert; Umweltzerfall, Krieg, politische Instabilität und Massenvertreibung sind die Herausforderungen, denen wir begegnen müssen. Dies sind nicht nur Krisen, sondern Zeichen eines tiefgreifenden Wandels – die Fundamente der Welt, wie wir sie kennen, scheinen zu zerbröckeln. Diese Ungewissheit im Kern unserer Gegenwart erzeugt Ambivalenz – eine Reaktion, die im Zentrum der Ausstellung steht, in der die gleichzeitige Präsenz von Licht und Dunkelheit in der menschlichen Existenz reflektiert wird.

 

Zwischen Sicherheit und Zusammenbruch
Eines der zentralen Werke der Ausstellung ist eine Bibliothek mit dem Titel Fall. A Library of Twilight Worlds, konzipiert vom Philosophen Federico Campagna. Diese Sammlung von 250 theoretischen und philosophischen Büchern ist rund um die Metapher der Jahreszeiten strukturiert, die unsere Annäherung an und Wahrnehmung der Welt symbolisieren. Campagna beschreibt den jetzigen Moment in der Publikation Technic and Magic: The Reconstruction of Reality folgendermaßen: „Die Krise der Realität, die wir heute erleben, sollte nicht als beunruhigender, aber vorübergehender Übergang zwischen zwei verschiedenen Epochen oder Realitätssystemen interpretiert werden. Im Gegenteil, sie ist an sich das Symptom einer Epoche, die gekommen ist, um zu bleiben, und die den Zusammenbruch des festen Bezugsrahmens zum Kennzeichen ihrer Vorherrschaft gemacht hat.“

Innerhalb dieses Rahmens ist der Herbst die Jahreszeit, in der sich Gewissheit auflöst, Wissen hinterfragt wird und die Angst vor dem Unbekannten zunimmt. Hier trifft rationales Denken auf alternative Weltanschauungen – wissenschaftliche Texte stehen neben okkulten und esoterischen Schriften und verdeutlichen das komplexe Zusammenspiel zwischen Vernunft und Ungewissheit in Zeiten des Umbruchs.

 

Verflochtene Kräfte in Zeiten der Zerbrechlichkeit
Im Einklang mit diesen existenziellen Themen verweben sich zwei der mächtigsten Kräfte des Lebens – Liebe und Tod – durch die gesamte Ausstellung. In Liebe von Jože Tisnikar ist die Umarmung zweier Figuren zu sehen, begleitet von einem Verweis auf den Tod: eine Grille, ein Symbol, das der Maler häufig verwendete. Die Arbeit spiegelt das Paradox menschlicher Emotionen – unsere Fähigkeit, tief zu lieben und zugleich unsere Sterblichkeit zu erkennen.

Schönheit offenbart sich in einer Glasinstallation aus 1.300 mundgeblasenen Glasstücken von Yhonnie Scarce, die die giftige Wolke einer Nukleartestbombe während der Operation Buffalo nachahmt. Sie verweist auf das Schicksal vieler Aborigines, die in den 1950er-Jahren infolge britischer Atomtests an Strahlung und verseuchtem Regen starben oder erkrankten.
Im Gegensatz zu den an der Decke befestigten Glasstücken wirkt die dunkle, kriechende Skulptur des Künstlers Andrej Škufca, als würde sie ihre Umgebung verschlingen. Ob diese Form künstlich, technologisch oder organisch ist, bleibt unklar. 

Ein makelloses geometrisches Bodenmuster aus Sand geschaffen: In der Mixed-Media-Installation der Künstlerin Dana Awartani steht die Dualität von Schöpfung und Zerstörung im Mittelpunkt, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

Stille, Störung und wachsende Angst
Vladimir Nikolić zeigt einen Schwimmer aus der Vogelperspektive, der gleichmäßige Bahnen in einem perfekt symmetrischen Pool zieht. Zunächst wirkt die Szene abstrakt und friedlich. Erst nach und nach sind Wellen zu sehen, die die Illusion von Ordnung stören – eine Metapher für das subtile Durchkreuzen der Ruhe.
Diese Ruhe knüpft an die Arbeiten von Christoph Grill an, dessen magische Bilder von The Roar of the Sea and the Darkness sowohl erschreckende als auch anziehende Qualitäten besitzen. Seine Meereslandschaften wirken seltsam einladend und beinahe magisch.

I Want You to Panic, ein Werk von Maria Marković, steht am anderen Ende des Spektrums von Angst. Flackernde Bilder zerstörter Natur und Städte erscheinen in beschleunigtem Tempo, begleitet von einer sanften Stimme, die zur Kontrolle der Atmung bei einer Panikattacke anleitet: Einatmen. Ausatmen.

 

Hoffnung in unsicheren Zukünften finden
Trotz des überwiegenden Gefühls von Ungewissheit sprechen viele Werke von Resilienz und Hoffnung. Sophie Utikal entwirft Visionen neuer Anfänge, die aus Ruinen entstehen – Vorstellungen von Zukünften, die noch nicht verwirklicht sind. Die Arbeit von Dana Awartani zeigt, wie sie ein Sandmuster mit traditionellen Ornamenten zu einem Haufen zusammenfegt. Diese Handlung wirkt beruhigend, als wollte sie versichern, dass dies nicht das Ende, sondern eine Transformation ist. Adelita Husni-Bey nutzt Methoden des Bildtheaters, um mit Jugendlichen zu arbeiten und Resilienz durch kollektives Handeln zu erkunden.

Ein tiefes Vertrauen in menschliche Verbindung verankert auch The Raft von Bill Viola: Eine Gruppe von Menschen wird plötzlich von einem Wasserstrahl niedergeschlagen, der sie gnadenlos über den Boden spült. Doch das Wasser stoppt ebenso plötzlich, wie es gekommen ist. Erschüttert helfen sich die Menschen gegenseitig, wieder aufzustehen.

 

Am Ende der Ausstellung – und gleichzeitig an ihrem Anfang – steht das Werk des Kollektivs zweintopf: 2406079: Road to Nowhere. Trotz des Titels könnte es ein Weg überallhin sein. Eine visuelle Metapher für die Ungewissheit, die vor uns liegt. Ist dies das Ende oder nur eine weitere Wendung im Zyklus?

Die Arbeit von Andrej Škufca verkörpert die Ästhetik von Kolaps und die Möglichkeit von Neuentstehung, Foto: Kunsthaus Graz/J.J. Kucek

 

Erster Umweltkunstpreis geht an Künstlerin Camilla Alberti
Ebenfalls heute wird die Ausstellung Feeding the Ghost von Camilla Alberti im Foyer eröffnet. Die Künstlerin ist die Gewinnerin des Umweltkunstpreises, der in diesem Jahr zum ersten Mal vom Kunsthaus Graz in Kooperation mit der Stadt Graz und Markt der Zukunft ausgeschrieben wurde.

 

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Unseen Futures to Come. Fall

Eröffnung: 17.09.2025, 18 Uhr
Laufzeit: 18.09.2025–15.02.2026
Kuratiert von Andreja Hribernik
Assistenzkurator: Martin Grabner
Mit Werken von Dana Awartani, Federico Campagna, Christoph Grill, Adelita Husni Bey, Marija Marković, Vladimir Nikolić, Yhonnie Scarce, Andrej Škufca, Jože Tisnikar, Sophie Utikal, Bill Viola, zweintopf
www.kunsthausgraz.at

 

Weitere Informationen und Ausstellungsansichten zum Download finden Sie hier:
Unseen Futures to Come

 

Veranstaltungshinweise:

 

20.09.2025, 16 Uhr
How to build a World
Einführung in die Ausstellung durch Andreja Hribernik und Lecture von Federico Campagna (in englischer Sprache).

01.10.2025, 16–18.30 Uhr
MATERIALLAB. Geschichten, die das Material erzählt
Workshop mit der Künstlerin Ren Aldridge
Info & Anmeldung: info@kunsthausgraz.at

 

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Umweltkunstpreis
Camilla Alberti

Feeding the Ghost
17.09.–02.11.2025
Kuratiert von Katia Huemer
Preisverleihung: 03.10.2025, 16 Uhr
Weitere Infos dazu hier: Umweltkunstpreis
 

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Herzliche Grüße

 

Daniela Teuschler
+43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at

Stephanie Liebmann
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Eva Sappl
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