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Graz, 12.05.2025
Die Ausstellung "Man will uns ans Leben" Bomben gegen Minerheiten 1993-1996 im Volkskundemuseum am Paulustor erinnert an den rechtsextremen Brief- und Rohrbombenterror der 1990er-Jahre, beleuchtet die Hintergründe des größten innenpolitischen Terrors der Zweiten Republik und zeigt, wie gefährlich rechtsextremes Gedankengut auch heute noch ist.
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Marko Mele, wissenschaftlicher Geschäftsführer Universalmuseum Joanneum, Claudia Unger, Leiterin des Volkskundemuseums am Paulustor, Cornelia Kogoj, Kuratorin der Ausstellung von der „Initiative Minderheiten“ und Birgit Johler, Kuratorin Volkskundemuseum am Paulustor in der Ausstellung "Man will uns ans Leben", Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Terrorjahre 1993–1996: Gewalt gegen Minderheiten
Zwischen den Jahren 1993 und 1996 erhielten in ganz Österreich insgesamt 25 Personen und Organisationen explosive Post. Im gleichen Zeitraum detonierten in Kärnten und im Burgenland drei Spreng- bzw. Rohrbomben. Die Anschläge hatten vier Tote, vier lebensgefährlich Verletzte und neun Verletzte zur Folge.
Der Terror adressierte ausschließlich Minderheitenangehörige und ihre politisch-humanistischen Unterstützer*innen. Der folgenschwerste Anschlag fand im Februar 1995 im burgenländischen Oberwart statt, bei dem vier Roma-Angehörige einer Sprengfalle zum Opfer fielen. Josef Simon, Karl Horvath, Erwin Horvath und Peter Sarközi starben durch eine Explosion, als sie eine Tafel mit der Inschrift „Roma zurück nach Indien!“ entfernen wollten.
Obwohl die Auswahl der Adressat*innen bald auf Urheber aus dem rechten Eck schließen ließ, gestalteten sich die Ermittlungen sehr langwierig und nahmen erst im Herbst 1997 zufällig ein Ende: Bei einer Verkehrskontrolle im südsteirischen Gralla zündete der angehaltene 48-jährige Vermessungstechniker Franz Fuchs einen Sprengkörper, der ihm beide Hände abriss. Er gilt bis heute als Einzeltäter.
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Neun Videointerviews mit Betroffenen und Zeitzeug*innen stehen im Mittelpunkt der Ausstellung – darunter ORF-Moderatorin Silvana Meixner, Grüne-Politikerin Terezija Stoisits oder auch John Eberhardt, damaliger Bombenentschärfer, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Themen in der Ausstellung: Erinnerung, Perspektiven, Kontext
„Man will uns ans Leben“. Bomben gegen Minderheiten 1993–1996 erinnert an den Schrecken des rechtsextremen Terrors und die Angst, die Österreichs Minderheiten vier Jahre lang begleitete. Der Ausstellungstitel geht auf eine Aussage der damaligen Nationalratsabgeordneten und Briefbombenempfängerin Terezija Stoisits zurück. Am 6. Februar 1995, zwei Tage nach dem Anschlag in Oberwart und dem Rohrbombenfund in ihrer Heimatgemeinde Stinatz, warnte die Minderheitensprecherin der Grünen im Ö1-Mittagsjournal: „Bitte alle Minderheitenangehörigen, alle Aktivisten, bitte, passt alle auf, es ist eine wahnsinnig gefährliche Situation, man weiß nicht, wer will uns an das Leben.“
Im Zentrum der Ausstellung steht die Perspektive jener, die Ziel des Terrors waren. Sie gedenkt der Opfer, lässt Betroffene zu Wort kommen und beleuchtet die Rolle des politisch-gesellschaftlichen Klimas der 1990er-Jahre für die Gewalttaten. Videointerviews mit Zeitzeug*innen und Expert*innen kommentieren Facetten der Geschehnisse aus unterschiedlichen Blickwinkeln. In sechs Kapiteln wird nicht nur auf die drei zentralsten Serien der Anschläge eingegangnen, sondern auch auf rechtsradikale Tendenzen der damaligen Zeit. Zahlreiche ORF-Berichte, Zeitungsartikel mit Pressefotos oder Aussagen und Zitate dokumentieren die mediale Auseinandersetzung mit den Ereignissen.
„Die Ausstellung zeigt auch die Republik an einem Wendepunkt und weist darauf hin, wie Gewalt schon vor dem 3. Dezember 1993 gesät wurde. Mit dem Aufstieg der FPÖ Mitte der 1980er-Jahre begann eine Zeit, in der die menschenverachtende Sprache gegen Geflüchtete, Migrant*innen und Minderheiten nicht nur an Stammtischen, sondern auch in Medien und Politik immer mehr zur Normalität wurde“, erklärt die Kuratorin Cornelia Kogoj.
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Die Ausstellung beleuchtet den größten rechtsterroristischen Fall der Zweiten Republik und zeichnet dabei die zentralen Serien der Anschläge nach, die Österreich in den 1990er-Jahren erschütterten, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek
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Die Ausstellung ist ein Projekt der „Initiative Minderheiten“ und war vergangenes Jahr im Volkskundemuseum Wien zu sehen, anschließend im Kärnten Museum und im Offenen Haus Oberwart.
„Diese einschneidende historische Zeit jährt sich zum 30. Mal – sie ist eng mit der steirischen Geschichte verbunden. Wir sind stolz, die Ausstellung hier zeigen zu können", so Claudia Unger, Leiterin des Volkskundemuseums am Paulustor. „Das Volkskundemuseum beschäftigt sich mit der Vielfalt menschlicher Lebensweisen, Perspektiven und Handlungsmöglichkeiten. Dabei richtet sich der Blick auch auf jene sozialen Gruppen, die aufgrund ihrer sozialen, kulturellen oder religiösen Praktiken marginalisiert und mitunter diskriminiert werden", erklärt Birgit Johler, Sammlungskuratorin im Volkskundemuseum am Paulustor.
Über die Initiative Minderheiten
Gegründet 1991, um ein „Jahr der Minderheiten“ auszurufen, entwickelte sich die Initiative Minderheiten in den drei Jahrzehnten ihres Bestehens zu einer österreichweit vernetzten Plattform, die sich für minderheiten- und demokratiepolitische Anliegen einsetzt. Der Verein hat mit ihren beiden Büros in Wien und Innsbruck bisher viele minderheitenspezifische Projekte durchgeführt und immer wieder zu politischen Ereignissen Stellung bezogen.
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„Man will uns ans Leben“ Bomben gegen Minderheiten 1993–1996 Eröffnung: 13.05.2024, 18 Uhr Laufzeit: 14.05.–26.10.2025 Kuratiert von Cornelia Kogoj, Vida Bakondy, Gamze Ongan (Initiative Minderheiten)
Volkskundemuseum am Paulustor, Paulustorgasse 11–13a, 8010 Graz
Die Ausstellung ist bei freiem Eintritt zu besuchen und wird durch Vermittlungsprogramm ergänzt: Neben Podiumsdiskussionen und Workshops wird es auch Kuratorinnenführungen und ein umfangreiches Programm für Schulen geben. Der erste Workshop für Schüler*innen findet am 23.05. von 14 bis 17 Uhr statt und behandelt grundlegende Aspekte des Rechtsextremismus.
www.volkskundemuseum-graz.at
Den Pressetext sowie Ausstellungsansichten zum Download finden Sie unter MAN WILL UNS ANS LEBEN
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Wir freuen uns auf Ihre Berichterstattung und stehen für Rückfragen gerne zur Verfügung!
Mit herzlichen Grüßen
Daniela Teuschler +43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at
Stephanie Liebmann +43/664/8017-9213, stephanie.liebmann@museum-joanneum.at
Eva Sappl +43/699/1780-9002, eva.sappl@museum-joanneum.at
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