Universalmuseum Joanneum GmbH

Letzter restaurierter Harnisch der Päpstlichen Schweizergarde übergeben

 

Insgesamt 83 Harnische der Päpstlichen Schweizergarde wurden seit der Übergabe des Schenkungsvertrages im Jahr 2007 vom Grazer Landeszeughaus professionell restauriert. Die Arbeit ist nun abgeschlossen, zur Übergabe des letzten Harnisches reiste eine Delegation rund um Kulturlandesrat Christopher Drexler sowie die Universalmuseum-Joanneum-Geschäftsführung Wolfgang Muchitsch und Alexia Getzinger zur Päpstlichen Schweizergarde in den Vatikan.


Foto: Päpstliche Schweizergarde/Till Hüttenmoser

Wie so viele erfolgreiche Projekte ist die Kooperation zwischen dem steirischen Landeszeughaus und der Schweizergarde eher zufällig entstanden: Im Zuge von Dreharbeiten des ORF Steiermark im Landeszeughaus im November 2006 erzählte Regisseur Günter Schilhan während einer Drehpause Joanneums-Direktor Wolfgang Muchitsch von seinen Arbeiten zu einer Dokumentation über den Vatikan, bei denen er den damaligen Kommandanten der Schweizergarde, Oberst Elmar Mäder, kennengelernt hatte, der ein großer Fan des Landeszeughauses sei und dieses bereits besucht habe.

 

„Kurze Zeit danach wurde ich von Landeshauptmann Franz Voves im Hinblick auf den bevorstehenden Besuch von Papst Benedikt XVI. in Mariazell am 8. September 2007 angesprochen, was meiner Meinung nach ein geeignetes Gastgeschenk für den Papst sei. Spontan fragte ich den Landeshauptmann, ob dieses Geschenk auch eine Dienstleistung sein könnte, nämlich die Unterstützung der Schweizergarde bei der Restaurierung ihrer historischen Harnische“, erzählt Muchitsch. Die Zustimmung des Landeshauptmanns nahm Muchitsch, der wissenschaftliche Geschäftsführer des Universalmuseums Joanneum, zum Anlass, Oberst Mäder im Dezember 2006 direkt anzuschreiben, um die Möglichkeit einer Zusammenarbeit des Landeszeughauses mit der Garde zu ventilieren. Die Idee wurde von Mäder, dessen Mutter aus Leoben stammt und der das Landeszeughaus als Kind und zuletzt im Jahr 2005 mit seiner Familie besucht hatte, mit großer Begeisterung aufgenommen, da die Garde keine fachliche Kompetenz für die Restaurierung der Harnische und Waffen (Schwerter, Hellebarden, Lanzen, Doppelhänder) hat.

 

Beginn der Zusammenarbeit

 

Nach einem Besuch von Direktor Muchitsch und dem Leiter der Restaurierungswerkstatt des Landeszeughauses Thomas Storm im Vatikan im Mai 2007 wurden die weiteren Details und Modalitäten abgeklärt und ein entsprechender Schenkungsvertrag erstellt. Am 8. September 2007 wurde dieser Schenkungsvertrag von Landeshauptmann Franz Voves an Papst Benedikt XVI. vor der Basilika in Mariazell feierlich übergeben und in weiterer Folge die Arbeit an den Harnischen aufgenommen.

 

Dafür wurde in der Armeria der Garde im Vatikan eine Werkstatt ausgerüstet, in der zwei Mitarbeiter des Landeszeughauses insgesamt achtmal über zwei Wochen hinweg kleinere Restaurierungen vorgenommen haben, während die schwierigeren Fälle nach Graz transportiert wurden, um im Landeszeughaus behandelt zu werden. Zudem wurde das Personal der Garde von den Zeughaus-Mitarbeitern in der fachgerechten Behandlung geschult, um künftig kleinere Restaurierungsmaßnahmen selbst vornehmen zu können. Die Kosten für das Material und die Gerätschaften wurden vom Land Steiermark, die Personal- und Reisekosten von der Universalmuseum Joanneum GmbH übernommen. In den letzten 15 Jahren haben die Mitarbeiter des Landeszeughauses 83 historische Harnische der Schweizergarde restauriert. Am 11. November wurde der letzte restaurierte Harnisch des „Feldweibels“ von Landesrat Christopher Drexler sowie der Universalmuseum-Joanneum-Geschäftsführung Wolfgang Muchitsch und Alexia Getzinger im Vatikan feierlich an Kommandant Oberst Christoph Graf übergeben, womit diese Aktion offiziell beendet wird.

 

„Mit der Übergabe des letzten restaurierten Harnisches geht ein einzigartiges Projekt zwischen der Schweizergarde und dem Universalmuseum Joanneum zu Ende. Es erfüllt mich mit großem Stolz, dass es dank steirischer Expertise aus unserem Landeszeughaus gelungen ist, Verantwortung für die traditionsreiche Historie der Schweizergarde zu zeigen und einen Beitrag zum Erhalt der wertvollen Harnische zu leisten. Ich bedanke mich ganz besonders beim Team der Werkstätte des Landeszeughauses für ihren großartigen, leidenschaftlichen Einsatz, ohne den diese besondere Kooperation zwischen der Schweizergarde und dem Universalmuseum Joanneum nicht möglich gewesen wäre“, erklärt Kulturlandesrat Christopher Drexler.

 

Christoph Graf, Kommandant der Päpstlichen Schweizergarde, ergänzt: „Als wir dieses Papstgeschenk 2007 vom Universalmuseum Joanneum beziehungsweise vom Land Steiermark in Mariazell bekamen, war ich bei der Pilgerreise dabei. Heute findet dieses einzigartige und außergewöhnliche Projekt mit der Übergabe des Feldweibelpanzers seinen Abschluss. Mein besonderer Dank gilt den Restauratoren, die mit ihrer Expertise unsere Harnische restaurierten, die teilweise sehr mitgenommen waren, da sie für uns ja Alltagsgegenstände sind, an deren Riemen gerissen und gerüttelt wurde."


Foto: Universalmuseum Joanneum/A. Fras

Jede Harnischgarnitur besteht aus fünf Hauptteilen, nämlich Kragen, Brust, Rücken und zwei Armzeugen, und wiegt zwischen sieben und acht Kilogramm. Diese Hauptteile bestehen selbst aus 20 bis 24 Einzelteilen, die mit Lederriemen und Nieten verbunden sind. Pro Harnisch wurden vom Landeszeughaus 50 bis 60 Arbeitsstunden aufgewendet. Dementsprechend wurden in das Projekt im Zeitraum von 13 Jahren rund 4.500 Arbeitsstunden, d. h. insgesamt rund 560 Arbeitstage investiert. Dabei wurden rund 6.500 Nieten verarbeitet sowie 1.200 Lederriemen als Belederung aus sieben großen Hirsch- und drei großen Rindslederdecken geschnitten. Zudem verbrauchte man drei Quadratmeter Rohleinen sowie zirka zwei Kilogramm Silberlot und vier Kilogramm Polierpaste.


Foto: Päpstliche Schweizergarde/Till Hüttenmoser

Die Päpstliche Schweizergarde

 

Die Schweizergarde wurde am 22. Januar 1506 von Papst Julius II. eingesetzt und ist die einzige katholische Armee der Welt. Die Aufgaben der 135 Mann starken Garde umfassen die Bewachung des Papstes, seiner Residenz, des Apostolischen Palastes, der Zugänge zum Vatikan, des Konklaves während der Papstwahl sowie die Begleitung auf seinen Reisen. Die Voraussetzungen für eine Aufnahme sind äußerst streng: Die Bewerber müssen Schweizer Staatsbürger, nicht älter als 30 Jahre, unverheiratet und mindestens 174 cm groß sein sowie ein inniges Bekenntnis zum römisch-katholischen Glauben, dem Papst und Vatikan ablegen. Matura oder abgeschlossene Berufsschule und eine militärische Ausbildung sind ebenfalls Voraussetzung; gedient werden muss mindestens 26 Monate.

Im 16. Jahrhundert war noch keine Uniform der Garde bekannt. Man trug jedoch bereits eine Livree, die Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften voneinander unterschied. Dies hat sich bis heute beibehalten. Stabsoffiziereiziere tragen Purpur („zur päpstlichen Familie gehörig“). Für die Mannschaftsfarben Blau, Gelb und Rot gibt es zwei Interpretationen: Zum einen sieht man darin die Wappenfarben der Familie Medici, welche die Päpste nach Julius II. stellte, zum anderen wird davon ausgegangen, dass die Zusammenstellung Zufall sei und der italienischen Tradition entsprang, wonach Landsknechte bunte Farben trugen, um den Anschein einer größeren Mannschaftsstärke zu erwecken. Dass Michelangelo die Uniformen entworfen hat, dürfte eine Legende sein. Der Helm der Garde ist ein Morion mit dem Wappen Papst Julius’ II. in zwei Varianten: Der schwarze Helm wird als Teil der Galauniform von den Gardisten bei Papstmessen, bei Ehren- und Thronwachen sowie Ehrendienste bei Empfängen von Staatsoberhäuptern und Botschaftern getragen, der weiße Helm mit roter Straußenfeder ist Teil der großen Galauniform und wird bei besonderen Anlässen, wie an Ostern und Weihnachten und die jährlich am 6. Mai stattfindende Vereidigung getragen

 

Nur an hohen Feiertagen sowie bei der traditionellen Angelobung der Schweizergarde am 6. Mai (in Erinnerung an den „Sacco di Roma“, als am 6. Mai 1527 147 von 189 Mann beim Versuch, Papst Clemens VII. auf der Flucht vor deutschen Landsknechten in die Engelsburg zu schützen, ihr Leben gelassen haben) werden als Teil der großen Galauniform die Harnische der Garde getragen. Die Garde ist ein Infanteriekörper und trägt daher den klassischen Harnisch eines Fußknechts (corsaletti da piede), bestehend aus einer Brust- und Rückenplatte, zwei Ärmeln und einem Kragen. Die Bewaffnung der Garde in der Gardeuniform besteht aus einer Hellebarde und einem Schwert. Die Harnische, die bis vor wenigen Jahren im Einsatz waren, stammen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert, wurden in Italien gefertigt und befanden sich aufgrund der mangelnden Expertise der Garde für die Restaurierung und Instandhaltung in einem zum Teil sehr schlechten Zustand.

 

Bildmaterial finden Sie unter: Übergabe des letzten restaurierten Harnisches

 

Schweizergarde

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Mit herzlichen Grüßen

 

Anna Fras
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