Pilzgifte und Giftpilze

von Harald Kahr & Alfred Aron

Die wichtigsten Vergiftungssyndrome wie Phalloides-, Gyromitrin-, Orellanus-, Muscarin-, Pantherina-, Psilocybin-, Paxillus-, Coprinus-, Rhabdomyolyse- und Gastrointestinales Syndrom (Krankheitszeichen einer Pilzvergiftung) wurden vorgestellt und auch ebenso die zugehörigen Giftpilze und ihre speisefähigen Verwechslungspartner.

Im Folgenden werden drei Beispiele angeführt:

 

Das Phalloides-Syndrom ist der Vergiftungstyp, der bei uns für die meisten tödlich verlaufenden Pilzvergiftungen verantwortlich ist. Die Giftstoffe sind Amanitine, Phalloidine und Viroidine. Die Amanitine sind Polypeptide, die durch Kochen und Trocknen nicht zerstört werden. Sie hemmen in den Zellen des Körpers die Synthese der m-RNA und führen damit zum Absterben der Zellen. Da zunächst die Zellen mit dem schnellsten Stoffwechsel betroffen sind, äußert sich die Amanitinvergiftung im Wesentlichen als Lebererkrankung.

 

Nach einer Latenzzeit von 48 (selten 12) Stunden kommt es zu Übelkeit, Bauchschmerzen, Durchfall, Blutdruckabfall und Austrocknung. Nach einer kurzen Besserung kommt es nach ca. 2 Tagen zu Magen- und Darmblutungen und Leberschaden. 47 (auch 15) Tage nach der Pilzmahlzeit kann bei einer schweren Vergiftung der Tod durch ein Leberkoma eintreten.

 

Je früher der Vergiftete in ärztliche Behandlung kommt, umso größer sind seine Heilungschancen. Das rasche Entfernen der Toxine aus dem Magen- und Darmtrakt, Hämodialyse (Blutwäsche) und die Verhinderung der Toxinaufnahme durch die Leberzellen (z. B. mit Silibinin) verhindern schwere organische Schädigungen.

 

(Folie 1) Der bekannteste Vertreter der für diese Vergiftungsart verantwortlichen Pilze ist der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides). Der überwiegend im Laubwald vorkommende Pilz ist an seinem gelbgrün- bis olivgrünen Hut, den weißen Lamellen, dem grünlich genatterten Stiel und der ausgeprägten häutiglappigen Volva erkennbar.

 

(Folie 2) Der ebenso gefährliche Weiße oder Kegelhütige Knollenblätterpilz (Amanita virosa) ist ein Bewohner der Nadelwälder. Jeweils 50 g Frischgewicht dieser beiden Knollenblätterpilze sind die für einen Erwachsenen tödliche Dosis. Eine sehr akute Verwechslungsgefahr besteht beim Sammeln von Champignon-Pilzarten. Bei Champignon-Pilzen ist darauf zu achten, dass die Blätter dieser Pilzart bereits im jugendlichen Zustand sich von graurosa bis schokoladebraun verfärben. Die Blätter des Weißen Knollenblätterpilzes bleiben jedoch immer weiß.

 

Auch kleine Pilzchen können tödlich giftig sein, wie mehrere Häublingsarten beweisen. Besonders gefährlich für die Pilzsammler ist der Gifthäubling (Galerina marginata), der mit dem essbaren Stockschwämmchen auf einem Strunk vergesellschaftet sein kann und dann aus Unaufmerksamkeit mitgesammelt wird.

 

(Folie 3) Auch viele Vertreter der Gattung Lepiota, Schirmlinge, können lebensgefährlich giftig sein. Dabei ist vor allem darauf zu achten, dass der als guter Speisepilz bekannte Parasol (Hutgröße 1230 cm), der zur Gattung der Riesenschirmlinge gehört, sich deutlich durch seine Größe von den gefährlichen kleinen Schirmlingen (Hutgröße 28 cm) unterscheidet.

 

Das Gyromitrinsyndrom betrifft eine Pilzart, die man schon sehr früh im Jahr finden kann. Die Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta) war sicher der mit Abstand am meisten gegessene Giftpilz. Sie galt nämlich früher als Speisepilz und war sogar Marktpilz, obwohl schon immer bekannt war, dass man diesen Pilz gut abkochen muss, um den Giftstoff zu „entschärfen“. Da das Gyromitrin hitzelabil und wasserlöslich ist, kann man tatsächlich durch mehrmaliges Abkochen und Wegschütten des Kochwassers die Giftwirkung stark reduzieren. Aber man sollte immer bedenken, dass man mit einem „Giftpilz“ ein Experiment macht, das tödlich enden kann.

 

Das Gyromitrin wird im Körper des Menschen in das giftige Monomethylhydrazin (Raketentreibstoff) umgewandelt und bewirkt Übelkeit und Kopfschmerzen. In schweren Fällen kommt es zu Schädigungen des Zentralnervensystems, der Leber und der Nieren. Todesfälle durch Hirnödeme, Kreislaufkollaps oder Atemstillstand sind bekannt.
Rettende Maßnahmen sind: Magenspülung, Darmentleerung, Korrekturen des Wasser- und Salzhaushaltes und Dialyse.
Neben der Frühjahrslorchel gelten auch weitere Gyromitra-, Helvella- und Disciotis-Arten als giftverdächtig.

 

(Folie 4) Die Unterscheidung zwischen beiden Pilzarten ist an und für sich bei genauer Betrachtung sehr einfach: Die Frühjahrslorchel besitzt eine hirnartige Hutoberfläche, während die Speisemorchel eine bienenwabenartige Hutstruktur aufweist.

 

Pilzgifte in rohen Pilzen

 

Eine Reihe von Pilzarten wird als „bedingt essbar“ eingestuft. Das sind jene Pilzarten, bei deren Verkochen man bestimmte Zubereitungsregeln einhalten muss. Bekannt ist z. B. der Hallimasch (Armillaria mellea, Armillaria ostoyae) (Folie 5), bei dem wie bei der Nebelkappe (Clitocybe nebularis) (Folie 6) das erste Kochwasser weggeschüttet werden muss! Einige Autoren empfehlen nur den auf Nadelholz vorkommenden Dunklen Hallimasch (Armillaria ostoyae) für die Küche zu nutzen.

 

Aber auch viele beliebte Speisepilze sind roh äußerst unbekömmlich, weil sie hitzelabile Toxine enthalten. Dazu gehören zum Beispiel der Frauen-Täubling (Russula cyanoxantha), der Braune und der Rotstielige Ledertäubling (Russula integra und R. olivacea), der Parasol (Macrolepiota procera), die Totentrompete (Craterellus cornucopioides), der Semmelstoppelpilz (Hydnum repandum), der Violette Rötelritterling, die Braunkappe (Stropharia rugoso-annulata) (Folie 7), verschiedene Raufußröhrlinge (Leccinum sp.), der Maronenröhrling (Xerocomus badius) sowie der Perlpilz oder Rötende Wulstling (Amanita rubescens).

 

Je nach den in diesen Pilzen enthaltenen Giftstoffen kommt es zu Schweißausbruch, Durchfall oder Übelkeit.

 

WICHTIGE INFORMATIONEN

 

Im Notfall rufen Sie unverzüglich die Wiener Vergiftungsnotrufzentrale: 01/4064343, die Rettung: 144 oder den Notarzt: 141 an.

 

Information und Beratung:

 

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Studienzentrum Naturkunde

Abteilung Biowissenschaften, Botanik
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Dr. Alfred Aron
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und Dir. Harald Kahr (AK Heimische Pilze)
Mi 1016 Uhr
Tel: +43/316/8017-9756
E-Mail: botanik@museum-joanneum.at
E-Mail: harald.kahr@gmx.net

 

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