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Mit Johann Rausch stellt das BRUSEUM einen österreichischen Künstler aus der seit 40 Jahren Kunst auf internationalem Niveau produziert und dennoch völlig unbekannt ist

20.10.2023

Spiegelung des Künstler Johann Rausch in einem seiner Werke, Foto: Ernst Kainersdorfer

Mit Johann Rausch stellt das BRUSEUM einen österreichischen Künstler vor, der seit 40 Jahren kontinuierlich Kunst produziert und dennoch völlig unbekannt ist. Nur zweimal im Abstand von 20 Jahren hat er sich in Wiener Galerien kurz an die Öffentlichkeit getraut, doch unmittelbar darauf wieder zurückgezogen. Rausch, der in seinem Hauptberuf eine der prägendsten Figuren der österreichischen Werbelandschaft war, hat als Künstler nie die Öffentlichkeit gesucht. In der Stille seines Ateliers hat er sich dennoch tagtäglich seiner Kunst gewidmet. Diese offenbart in umfangreichen Werkserien eine akribische und kritische Auseinandersetzung mit künstlerischen und gesellschaftlichen Entwicklungen und ein stetes Ringen um tragfähige, ästhetische Lösungen.

 

Auf die Frage, warum er gerade jetzt zu dieser Ausstellung bereit war, zeigt Rausch auf den Kurator Roman Grabner: "Er hat mich überzeugt". 
 

Der Begriff des Nachbildes

Ein Begriff, der die Kunst von Rausch sehr gut zusammenfasst, ist der des Nachbildes. Unter Nachbild versteht man spätestens seit dem Erscheinen des Deutschen Wörterbuchs der Gebrüder Grimm zumindest zweierlei: Einerseits, dass ein Bild nach einem Ur- oder Vorbild gemacht wurde, und andererseits die Nachwirkung einer Licht- oder Farbenerscheinung im Auge, also eine Augengesichtstäuschung.

Rausch erweitert dieses Bedeutungsspektrum noch durch die Verwendung von phosphoreszierenden Farben, die in der Dunkelheit nachleuchten und somit ein lumineszierendes Nachbild ergeben. Nachbilder sind seit dem 19. Jahrhundert also mit zwei Dingen zugleich verknüpft: mit der physiologischen Frage nach dem Sehen ebenso wie mit der produktionsästhetischen Frage nach dem Bild. Die Erkenntnis aus diesen wahrnehmungstechnischen Umbrüchen war, dass man nicht nur malte, was man vor Augen hatte, sondern auch die Aktivitäten des Auges bei der Farbgebung berücksichtigte.

Rausch hat sich auch mit einem besonderen Nachbild auseinandergesetzt, nämlich mit jenem des Fernsehers, wenn man ihn ausschaltet. Rausch hat die leeren und gereinigten Bildschirme der guten alten Röhrenfernseher dem Kreislauf der Entsorgung entrissen und für eine neuartige Hinterglasmalerei benutzt. Auf der Rückseite der Bildschirme hat er einerseits malerische Strukturen von poetischer Schönheit geschaffen, andererseits aber mit analytischer Präzision und vehementem Furor Statements gegen die manipulative Kraft des Mediums gesetzt, u. a. in seiner Arbeit 10 COMMANDMENTS.

Nur zweimal im Abstand von 20 Jahren hat sich Johann Rausch in Wiener Galerien kurz an die Öffentlichkeit getraut, Foto: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek

Serie Systemische Menschenbilder

Johann Rausch hat seine frühen großformatigen Bilder aus der Serie Systemische Menschenbilder, die er in den 1980er-Jahren anfertigte, auf dem Prinzip des Komplementärkontrasts aufgebaut. Ausgangspunkt jedes Gemäldes war immer ein Gesicht, das mit den hellen Farben Grün und Orange auf der linken Seite und den dunklen Tönen Rot und Blau auf der rechten übermalt wurde. Schicht um Schicht hat er über die Menschenbilder gelegt, die er privaten Fotoalben ebenso entnahm wie den Medien.

Der Künstler spricht im Rückblick von der paradoxen Wendung des Übermalens als einem Prozess der Freilegung. Der Künstler selbst fasst dies so zusammen: "Jeder Mensch ist gleich. Jedes Bild male ich vorher real und schaffe dann - nach dem gleichen System - Bilder, auf denen alle Menschen gleich sind."

Das Freilegen ist eine archäologische Praxis, bei der man eigentlich durch die Beseitigung einer oberflächlichen Schicht zum verdeckten Befund vordringt. Der Befund ist der jeweilige Kontext und der Kontext der Systemischen Menschenbilder ist die Malerei der Neuen Wilden der 1980er-Jahre. Das Wiedererstarken der bereits mehrmals totgesagten Malerei erfolgte subjektiv, unbekümmert und geradezu eskapistisch. Rausch wählt einen anderen Weg und verfolgte mit seiner Malerei einen konzeptuellen Ansatz, der seinem skeptischen Blick auf den Menschen Rechnung trägt. Es sind Annäherungen an das Bild des Menschen zwischen Auslöschung und Sichtbarmachung, eine malerische Vergewisserung des Figürlichen zwischen Auflösung und Spurensicherung.

Rausch hat Persönlichkeiten ausgewählt, die für sein Heranwachsen und seine Sozialisierung prägend waren und ihm wie geisterhafte Nachbilder immer wieder erschienen, Foto: Universalmuseum Joanneum / J.J. Kucek

Serie Rouge Grenade
Die Serie Rouge Grenade ist die Fortsetzung von Rauschs Systemischen Menschenbildern. Unter der malerischen Struktur des aggressiven Rottons sind Bildnisse von Menschen verborgen, die sich erst in der Distanz des Blicks manifestieren und an Kontur gewinnen. Rausch hat Persönlichkeiten ausgewählt, die für sein Heranwachsen und seine Sozialisierung prägend waren und ihm wie geisterhafte Nachbilder immer wieder erschienen. So sind beispielsweise seine Eltern neben Adolf Hitler oder Wladimir Iljitsch Lenin zu sehen. 

 

Situation Room wurde eigens für die Ausstellung konzipiert
Rausch hat für die Ausstellung im BRUSEUM eine Arbeit realisiert, die er als Konzept schon viele Jahre mit sich trägt: seine SITUATION ROOMS. Ein Situation Room ist eine Art Einsatzzentrale, ein Lagebesprechungsraum, in dem sich wesentliche Entscheidungsträger*innen versammeln, um akute Notfälle von internationaler Tragweite zu lösen, Informationen austauschen und Pläne für die wichtigsten Problemfelder der Zukunft zu erstellen. Der Künstler hat in schwarzer Schrift auf weißen Tafeln nicht nur Situation Rooms für die Menschheit, die Weltmeere und den Planeten ausgewiesen, sondern auch für die Künstler*innen, die Schriftsteller*innen und ihn selbst. Die SITUATION ROOMS von Rausch umfassen das Spektrum, mit dem er sich tagtäglich auseinandersetzt. Sie zeigen den Künstler als wachen Geist, der an den Entwicklungen der Menschheit zugleich zweifelt, um nicht zusagen verzweifelt.

 

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Johann Rausch 
Searching Myself

BRUSEUM, Neue Galerie Graz, Joanneumsviertel, 8010 Graz
Laufzeit: 20.10.2023‒14.04.2024
Kuratiert von Roman Grabner
Information: +43-316/8017-9100, www.neuegaleriegraz.at 

 

Weitere Informationen sowie Bildmaterial zum Download finden Sie unter: Johann Rausch

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Mit herzlichen Grüßen

Daniela Teuschler
+43/664/8017-9214, daniela.teuschler@museum-joanneum.at

Stephanie Liebmann
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Eva Sappl
+43/699/1780-9002, eva.sappl@museum-joanneum.at