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Mit CAMUFLAJES schaffen Johanes Zechner und Pedro Serrano ein poetisch-visuelles Gesamtkunstwerk für die Neue Galerie Graz

 

Graz, 05.11.2025

 

Mit CAMUFLAJES präsentieren Johanes Zechner und Pedro Serrano ein gemeinsames Projekt an der Schnittstelle von Malerei und Literatur. Ausgangspunkt ist das Motiv der Tarnung – Camouflage – als Sinnbild einer Welt, in der Sichtbarkeit und Verbergen, Sprache und Bild, Krieg und Wahrnehmung ineinandergreifen. In einer Zeit globaler Konflikte verweben Zechner und Serrano visuelle und poetische Ausdrucksformen zu einer Installation, die sich als begehbares Gedicht verstehen lässt.

Die Künstler Johanes Zechner und Pedro Serrano sind sich einig, dass weder Malerei noch Dichtung die Welt verändern werden, sehr wohl aber ihre Leser*innen und Betrachter*innen, Foto: Universalmuseum Joanneum/J.J. Kucek © Bildrecht Wien, 2025

Wie unterscheidet sich ein linkshändiges von einem rechtshändigen U? Wann entscheidet sich, ob jemand Schriftsteller oder Maler wird? Und was verbindet Worte mit Pinselstrichen? „Sprachspiele“ (Wittgenstein) strukturieren das Sprechen, „Malereispiele“ (Lyotard) beschreiben die Vielfalt malerischer Ausdrucksformen. Zwei Systeme, die sich gegenüberstehen, ergänzen und miteinander spielen – Malerei und Literatur.

 

Dies zeigen Johanes Zechner und Pedro Serrano in ihrem Projekt CAMUFLAJES – ein engagiertes Zusammenspiel eines bildenden Künstlers und eines Literaten. Über mehrere Jahre hinweg haben der in Graz lebende Maler Johanes Zechner und der in Mexico City lebende Literat Pedro Serrano eine Distanz-Kollaboration entwickelt, die sich „fragend einer Welt zuwendet, in der Lebensräume als Kriegsschauplätze missbraucht werden und die Anzahl der Drohnen mehr interessiert als das Singen der Vögel“, so Zechner.

 

Camouflage im Spannungsfeld von Kunst und Konflikt

Seit Februar 2022 (Ukraine) und Oktober 2023 (Gaza) steht die Welt unter dem Eindruck zweier kaum für möglich gehaltener Kriege. Es sind aber momentan über 50 bewaffnete Konflikte bzw. Kriege, mit denen es die Welt zu tun hat – mehr als je zuvor. Mit Krieg verbindet man unweigerlich auch das Bild der Camouflage. Camouflage, Tarnung, ist eigentlich Ausdruck der Verbindung von Lebewesen mit ihrer Umwelt und kann als Überlebenstechnik verstanden werden. Im militärischen Kontext schützt sie Waffen und Soldaten, die dadurch aus dem Verborgenen heraus effizient agieren und ihr Gegenüber täuschen.

"Die Reibung zwischen Literatur und Malerei beschreibt unser gemeinsames Projekt wohl am treffendsten", so Johanes Zechner über die Ausstellung CAMUFLAJES, die am 6. November in der Neuen Galerie Graz eröffnet, Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner © Bildrecht Wien, 2025

Johanes Zechner verwendet in seinen Arbeiten unterschiedliche Camouflage-Stoffe und Kleidungsstücke. Wie Reste aus tragischen Zusammenhängen, abgelegt, verloren und wieder aufgegriffen, umcodiert und in ihrer neuen Funktion unbestimmt, verlieren diese Muster nichts von ihrem Schrecken, auch wenn sie längst Teil der Modewelt geworden sind. Zechner kombiniert sie mit auseinandergenommenen Schachteln – Tablettenschachteln, Verpackungen für Lebensmittel, Büromaterial etc. Diese Schachteln werden dabei ihrer Dreidimensionalität beraubt und zu flachen Bildträgern. Außerdem collagiert Zechner Stoffe und verschiedene andere Materialien auf Leinwände, die er zusätzlich bemalt.

 

Zechners langjähriger Freund Pedro Serrano schrieb etwa 50 Gedichte für diese Ausstellung. Die Tatsache des Krieges sowie die Erfahrung mit Gewalt in Mexiko fließen in diese Gedichte genauso ein wie die Reaktion auf Zechners Visualität. "Malerei und Lyrik haben ja große Schnittmengen und diese Ausstellung zeigt diese. Sie ist wie ein dreidimensionales Gedicht, durch das man hindurchschreitet", so der Kurator Günther Holler-Schuster.

 

Beide Künstler sind sich einig, dass weder Malerei noch Dichtung die Welt verändern werden, sehr wohl aber ihre Leser*innen und Betrachter*innen. Die Kunst verlangt den Betrachtenden eine Haltung ab, durch die sie „fühlend Wertigkeiten von allgemeiner Relevanz erahnen und damit die Voraussetzung für eine kreative Neuorientierung schaffen“, so Serrano.

 

Die Ausstellung CAMUFLAJES lässt sich als begehbares Gedicht erleben und ist völlig neu entstanden. Jedes Detail ist in Bezug auf den Gesamtkontext abgestimmt. Serrano und Zechner haben einen inhaltlichen Parcours geschaffen, der sich als eine einzige Installation ebenso lesen lässt wie als Summe von Einzelwerken. Das flexible, leichte Material des Papiers, der Collage und der Mobiles erzeugt den Eindruck einer Poesiemaschine. Der exotische Vogel bzw. der Papagei zieht sich durch die gesamte Ausstellung. Er ist sowohl Bote zwischen den Kulturen als auch Alter Ego der Künstler. Erinnerungsebenen – nahe, fern, damals, heute – fließen in dieser Ausstellung ineinander. Sie lassen den ursprünglichen sehr konkreten Kontext – die aktuellen Kriege in der Ukraine und in Gaza – auf einmal viel größer und allgemeiner wahrnehmen.

„Türen der Dichtung" ist eine Installation, die zugleich als Bühne für eine Lese-Reihe in Kooperation mit dem Literaturhaus Graz dient. Den Auftakt macht am 12. November Pedro Serrano, gefolgt von Autor*innen wie Natascha Gangl, Maja Haderlap und Clemens Setz, Foto: Universalmuseum Joanneum/N. Lackner © Bildrecht Wien, 2025

Über die Künstler

 

Johanes Zechner, 1953 in Klagenfurt geboren, wuchs in einer katholischen Familie auf. Die slowenische Herkunft seiner Mutter sensibilisierte ihn früh für Fragen von Sprache und Zugehörigkeit. Der zum Rechtshänder umerzogene Linkshänder entschied sich schließlich aber doch für die Malerei. Nach einem Zivildienst in einer Therapieeinrichtung studierte er Buddhismus und Malerei in London. Internationale Aufenthalte führten ihn u. a. nach Israel, Ghana und Patagonien. Seit den 1990er-Jahren verbindet Zechner Malerei und Literatur, indem er Texte von Autor*innen wie Pedro Serrano oder Peter Waterhouse in bildnerische Zyklen übersetzt.

 

Pedro Serrano, 1957 in Montreal geboren, studierte an der UNAM und am King’s College London. Er war Direktor der UNAM-Zeitschrift für Poesie, leitete das Banff International Literary Translation Centre und das Festival de Poesía in Mexiko. Heute lehrt er an der UNAM Lyrik, Übersetzung und Avantgarde. Neben zahlreichen Gedichtbänden – etwa El miedo, Ignorancia oder Turba – übersetzte er Werke von Shakespeare, Edward Hirsch und Anna Crowe. Für sein Schaffen wurde er vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Guggenheim-Stipendium (2007) und dem Prix Antonio Viccaro (2016).

 

 

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CAMUFLAJES. Zechner & Serrano 

Eröffnung: 06.11.2025, 19 Uhr

Laufzeit: 07.11.2025–22.03.2026

Kuratiert von Günther Holler-Schuster

www.neuegaleriegraz.at

 

Ausstellungsansichten zum Download finden Sie hier:
CAMUFLAJES

 

 

Rahmenprogramm: Lese-Reihe „Türen zur Dichtung“

Johanes Zechner hat für die Ausstellung das Leseprogramm entwickelt, das in Kooperation mit dem Literaturhaus Graz während der gesamten Laufzeit monatlich in der Ausstellung stattfindet – jeweils um 19 Uhr bei freiem Eintritt.

12.11.2025: Pedro Serrano, anschließend Künstlergespräch mit Günther Holler-Schuster

3.12.2025: Natascha Gangl, Peter Waterhouse, anschließend Katalogpräsentation Camuflajes

14.1.2026: Valerie Fritsch, Helwig Brunner

18.2.2026: Fabjan Hafner (Zdenka Hafner-Celan), Julius Deutschbauer

11.3.2026: Maja Haderlap, Clemens Setz

 

 

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