Florian Hüttner

Unterschlupf (Schildkröte)


Eröffnung: Juli 2015

Florian Hüttner greift mit Unterschlupf (Schildkröte) die räumliche Situation beim Versteck österreichischer Oppositioneller von 1944-1945, dem sogenannten Igel, auf und vergleicht sie mit dem Schutz durch eine Höhle. Sein Wandgemälde auf Naturstein in einem Unterschlupf am Naglsteig will das Vage, Ungewisse und zugleich unbequem Harte bis Schmerzhafte der historischen Situation zum Ausdruck bringen. Es zeigt ein Propagandamotiv aus dem russischen Partisanenkampf, „Partisanen, zu den Waffen!“ (Juli 1941), in ukrainischem Kyrillisch. Die Partisanen kämpften irregulär mit allen Mitteln gegen Hitler. Für den Eingang des Bergwerksgebäudes in Altaussee entstand ein eigens angefertigtes Emaille-Schild. Im Kunsthaus Graz zeigte Hüttner eine großformatige Zeichnung zum selben Thema mit Tusche und Dispersion auf Papier.

Übersetzung des ukrainisch kyrillischen Partisanen-Aufrufs:

„Partisanen, zu den Waffen! Die Zeit ist gekommen, für jeden von uns, nimm Dein Leben in die Hand, erfülle die heilige Pflicht für das Vaterland, vor der Nation. Wo immer der Feind erscheint – dort muss er sein Grab finden. Jedes Haus und jedes Gebäude, jedes Dort und jeder Platz wird Hitlers grausamen Banden den Tod bringen. In die Schlacht! Für das Vaterland, für Ehre und Freiheit, für Stalin!"

 


 

Im Tal:

Das Salzbergwerk in Altaussee hat sich tief in den Sandling hineingegraben. Der 1.717 Meter hohe Gebirgsstock liegt gegenüber dem Loser und überragt Altaussee von Nordwesten. Salz wurde hier spätestens seit dem Mittelalter abgebaut, vermutlich jedoch bereits zur Römerzeit. Das Salzkammergut war seit dem 14. Jahrhundert hoheitlich den Habsburgern unterstellt. Die Bergwerke und Salinen blieben bis 1998 in staatlicher Hand. Der Salzberg sicherte den Menschen die Existenzgrundlage und vererbbare Arbeitsplätze. Wegen der Salzgewinnung konnten sie am Ort verbleiben und ihre Familien versorgen. Diese Besonderheit bereitete den Boden für ein spezielles Selbstverständnis und den Zusammenhalt der Bewohner in einer klimatisch schwierigen und entbehrungsreichen Bergregion.

Vom Igel sieht man das Knappenhaus der Bergarbeiter am Sandling. Es gab wohl vereinzelt lose Verbindungen zwischen Bergarbeitern und der Oppositionsgruppe um Sepp Plieseis. Man sagt, Unterstützer hätten vor dem Bau des Igel im Frühjahr 1944 bestätigt, dass vom Bergwerk aus kein Rauch zu erkennen gewesen sei, der die Widerständler hätte verraten können.

In den Bergen:

Der so genannte Widerstand im Ausseerland war kein militanter Partisanenkampf. Er bestand nicht nur aus antifaschistischer Untergrundarbeit und Organisation sondern auch aus Renitenz und Widerborstigkeit. Bei manch Einem folgte später Prahlerei und Anmaßung, um sich selbst in das beste Licht zu rücken oder der Bestrafung für Kollaboration zu entkommen. Die Frauen machten in der Regel weniger Aufheben um ihre gefährlichen Aktionen. Viele Informationen beruhen auf mündlicher Überlieferung, so genannter „Oral History“. Legenden und Mythen spinnen sich um die gut erforschte Geschichte mit ihrer objektivierten Erzählweise.

Dazu gehören der Partisanenmythos ebenso wie die Rettung der Kunstwerke im Salzberg, vergrabene Schätze im Vorgarten und die unglaubliche, aber wahre Geheimaktion zur Verhaftung von Joseph Goebbels. Vier ortsbekannte Männer sprangen im Auftrag des britischen Secret Service in der Nacht des 8. April 1945 mit dem Fallschirm und Ausrüstung über dem Ausseerland ab.

Die Aktion scheiterte bevor sie losging. Sie landeten verstreut und weit entfernt im Tiefschnee des Feuerkogels beim Höllengebirge und mussten anschließend untertauchen. Daraus entstanden Legenden: Albrecht Gaiswinkler aus Bad Aussee, der die Fallschirmaktion angeführt hatte, behauptete, den Widerstand danach erst richtig formiert zu haben, was auch Sepp Plieseis für sich in Anspruch nimmt. Andere meinen, es habe gar kein organisierter Widerstand existiert.


Diese Arbeit wurde als temporäres Projekt konzipiert. Solange die Natur es zulässt, wird die Malerei bestehen und sichtbar bleiben. Mehr Informationen zur Malerei und zur Wanderung: www.politische-landschaft.at

 

Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark

Marienplatz 1/1
8020 Graz, Österreich
T +43-316/8017-9265
kioer@museum-joanneum.at

 


Standorte:

Salzbergwerk Salzwelten Altaussee, Lichtersberg 25, 8992 Altaussee

Anfang des Naglsteigs (918 m)
47°40'58.7"N 13°45'14.7"E