6. Dezember 2013 / Anna Fras

Jagd im 21. Jahrhundert – Wechselbeziehungen zwischen Natur, Mensch und Kultur

Jagd und Landwirtschaft

Die vielfältigen Wechselbeziehungen zwischen Natur, Mensch und Kultur in der Jagd des 21. Jahrhunderts standen im Mittelpunkt der Herbsttagung des Jagdmuseums Schloss Stainz. Ein Thema, das seit jeher polarisiert und aktuell sowohl in der Jägerschaft und bei Tierschützern als auch von Biologen rege diskutiert wird.

Dementsprechend groß war das Interesse an dieser Veranstaltung: Das Symposium war bereits zwei Tage zuvor restlos ausgebucht.

Insgesamt verfolgten mehr als 100 Interessierte die Vorträge und diskutierten im Anschluss mit den Expertinnen und Experten aus den unterschiedlichsten Fachbereichen.  In einem Punkt waren sich alle Anwesenden einig: Die Jagd befindet sich in einer schwierigen Situation. Die Jagd steht als Beruf wie als Hobby immer häufiger in der Kritik. Ihr gesellschaftlicher Stellenwert  hat in den letzten Jahren stark abgenommen, und die Gründe dafür sind mannigfaltig:  Zum einen formulieren Natur- und Umweltschutzorganisationen harte Kritik, zum anderen ist auch die Zahl der Berufsjäger/innen rückläufig – wie das Interesse an der Jagd insgesamt.
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Tagung, Jagd im 21. Jahrhundert,
Foto: Gerd Langmann

Gemeinsame Ziele – verschiedene Zugänge

Natur- und Umweltschutzorganisationen verfolgen im Grunde sehr ähnliche Ziele wie die Interessensvertretungen der Jagd. Dennoch treten zwischen ihnen regelmäßig Konflikte auf. Wie kommt es zu diesen Differenzen, wenn doch beide Gruppen für das Zusammenleben und für den Schutz und die Pflege der Natur eintreten? Es sind die unterschiedlichen Zugänge, die für Zündstoff sorgen. Bei Themen rund um den Wildbestand oder die Nutzung der Jagdgebiete treten deutliche Meinungsverschiedenheiten auf, da sich die Jäger/innen – die Jahrhunderte lang ihrem Beruf ohne maßgebliche Einschränkungen nachgegangen sind – eingeschränkt fühlen. Der Naturschutz greife ihrer Meinung nach zu stark in die Aufgabenbereiche der Jagd ein und verbreite zunehmend ein negativ besetztes Bild dieses Berufs bzw. Hobbys.

Nachwuchssorgen

Ein weiteres Problem wittern Jäger/innen  auch in den eigenen Reihen: Die junge Generation – damit sind die unter 50-Jährigen gemeint – zeigt nur noch wenig Interesse am Jagdberuf. Vor allem die Praxis werde zunehmend vernachlässigt, und viele Zusammenhänge zur Funktion des natürlichen Ökosystems können in der Nachfolgegeneration nicht mehr vorausgesetzt werden. Als Grund für diese Entwicklung nannten mehrere Vortragende die Urbanisierung, die das Lebens- und Arbeitszentrum in die Stadt verlagert. Außerdem identifizieren sich die Jungen nicht mehr so stark mit der Jagd als Lebensaufgabe, wodurch die Qualität und Professionalität gefährdet ist. Aus welchen Gründen interessieren sich junge Menschen heute für die Jagd? Genauso wie bei anderen Vereinen, Verbänden und Gemeinschaften bietet auch die Jagd Möglichkeiten der Freizeitgestaltung und Netzwerkpflege. Eine für die Jägerschaft fragwürdige Entwicklung, der man aktiv entgegensteuern soll, indem man die Jugend wieder für den Beruf begeistern und Werte sowie Praxiswissen vermitteln will.

v.l.n.r.: Herr Hofrat Dr. Helmut-Theobald Müller (Bezirkshauptmann von Deutschlandsberg), Dr. Muchitsch, Dr. Fiala Köck (Tierschutzombudsfrau), Werner Beutelmeyer (market Institut), Dr. Miroslav Vodnansky (Veterinärmediziner, Wildbiologe), Heiko Hornung (Chefredakteur Wild & Hund), Franz Meran (Präsident Steirischer Jagdschutzverein), Mag. Karlheinz Wirnsberger (Leiter Abteilung Schloss Stainz)
v.l.n.r.: Herr Hofrat Dr. Helmut-Theobald Müller (Bezirkshauptmann von Deutschlandsberg), Dr. Muchitsch, Dr. Fiala Köck (Tierschutzombudsfrau), Werner Beutelmeyer (market Institut), Dr. Miroslav Vodnansky (Veterinärmediziner, Wildbiologe), Heiko Hornung (Chefredakteur “Wild & Hund”), Franz Meran (Präsident Steirischer Jagdschutzverein), Mag. Karlheinz Wirnsberger (Leiter Abteilung Schloss Stainz)

Jagdphilosophie

Jeder Beruf und jede Wissenschaft behandelt ihr Fachgebiet sowohl praxisorientiert als auch wissenschaftlich – so auch die Jagd. Eine Art Ehrenkodex, die „Weidgerechtigkeit“, existiert seit ihrer ersten Erwähnung im Jahre 1892. Sie ist fixer Bestand der Jagdkultur und definiert die Aufgaben und Pflichten des Jägers gegenüber dem Wild, der Umwelt und den Menschen. Während des Symposiums kam die Frage auf, ob diese seit über 100 Jahren gültigen Regeln den Anforderungen der Gegenwart noch gerecht werden. Die Gesellschaft hat sich auf vielen Ebenen gewandelt: Effekte der Urbanisierung, der Einfluss neuer Medien und eine allgemeine Ablehnung von Waffen machen es Jägerinnen und Jägern immer schwieriger, ihre Arbeit ethisch zu begründen.

Die Zukunft der Jagd

Im Wesentlichen geht die Kritik an der Jagd von vier Kernargumenten aus, warum die Jagd ethisch nicht vertretbar sei: die Rechte der Tiere, der Naturschutz, die fehlende Notwendigkeit der Jagd und die Person des Jägers an sich. Die Jägerschaft stellt sich diesen Diskussionen und argumentiert ihrerseits mit der Weidgerechtigkeit, der die ethischen Aufgaben und Pflichten der Jagd definiert.

Alle Referenten betonten, dass die Jäger/innen sowie die Jagdverbände und Interessensvertretungen aus ihrer defensiven Position heraustreten müssten und sich verstärkt um eine positivere Wahrnehmung der Jagd in der Gesellschaft bemühen sollten. Nur so könnte man dem Bild der Jagd als etwas „Böses“ entgegenwirken. Auch in der Kommunikation nach außen müsse das Bild des Jägers wieder mehr an Sympathie, Kompetenz, Vertrauenswürdigkeit und Naturkennerschaft gewinnen. Es soll daran erinnert werden, dass Jäger/innen sich um Tiere, Menschen und die Umwelt kümmern.

Für die Zukunft gilt: Jäger/innen sollen versuchen, Verständnis für jagdferne Gruppen zu entwickeln, um diese richtig ansprechen zu können. Auf diese Weise wollen sie andere für ihre Botschaft, ihren Beruf bzw. ihr Hobby begeistern und so größeres Verständnis schaffen.

Das Jagdmuseum Schloss Stainz hat ab April 2014 wieder geöffnet. Um die Zeit zu überbrücken, gibt es hier einige Flickr-Impressionen aus der Dauerausstellung.

Kategorie: Jagd und Landwirtschaft
Schlagworte:

Ein Gedanke zu “Jagd im 21. Jahrhundert – Wechselbeziehungen zwischen Natur, Mensch und Kultur

  1. Verena

    Es stimmt, dass das Interesse am Jagen in der jungen Generation ziemlich nachgelassen hat. Umso überraschter bin ich darüber, dass sich mein zwanzigjähriger Neffe so sehr für das Jagen begeistert. Zu seinem nächsten Geburtstag plane ich daher, ihm eine Wärmebildkamera zu schenken, welche er sich sehr wünscht.

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