Lao-Tse (Laozi) auf dem Wasserbüffel, Bronze, China, Qing-Dynastie, 19. Jh., Vermächtnis Gustav Mulley 1922, Foto: Valentin Delic, UMJ

17. April 2019 / Barbara Steiner

China im Universalmuseum Joanneum

Kunsthaus Graz

Aus Anlass der Ausstellung des österreichisch-chinesischen Künstlers Jun Yang im Kunsthaus Graz entstand die Chinagalerie. Sie spürt in den Sammlungen des Universalmuseums Joanneum den Verbindungen zwischen dem zweitgrößten Museum Österreichs und China nach.

Als wir die Ausstellung von Jun Yang im Kunsthaus einrichteten, besuchte mich der Kuratoriumsvorsitzende des Joanneums, Kurt Jungwirth. Er brachte eine Ausgabe der Kulturzeitschrift RC aus dem Jahr 2016 mit, die in Macau herausgegeben wird. Darin wird in einem ausführlichen Text auch über das sogenannte „Leykam-Zimmer“ aus dem Museum für Geschichte berichtet, das bis 2017 in der Sackstraße zu sehen war. Das Zimmer besteht im Wesentlichen aus einer Nussholzvertäfelung, eingefasst mit vergoldeten, teilweise grün gelüsterten und polychrom gefassten Rahmenleisten sowie geschnitzten Verzierungen, in die chinesische Holzschnitte eingelassen sind. Diese zeigen Alltagsszenen in sieben sich wiederholenden Motiven. In der Zeitschrift RC wurde der Ort der Darstellung als Gusu, ein Stadtteil von Suzhou, identifiziert.

Ausgehend davon bat ich meine Kolleginnen und Kollegen aus den Museumsabteilungen um Unterstützung. So sind Ulrich Becker, Paul Schuster, Karlheinz Wirnsberger und Peter Peer weiteren Spuren chinesischer Erzeugnisse in der Steiermark nachgegangen und haben Bilder und Informationen an mich geschickt. Zum „Leykam-Zimmer“ habe ich etwa von Ulrich Becker erfahren, dass es sich dabei – entsprechend der internationalen China-Mode des 18. Jahrhunderts – bereits um ein Beispiel einer „globalen Exportsituation“ handelt, in deren Zuge auch serielle „Tapezierware“ nach Europa kam. Dabei hätte der „exotische Charakter das inhaltliche Interesse bei Weitem überwogen“ (Becker). Im Prinzip handelt es sich bei der Wandverkleidung des „Leykam-Zimmers“ um eine „Billigversion“ höfischer Lackkabinette der Zeit. In der Kulturhistorischen Sammlung befinden sich darüber hinaus eine Reihe von sogenannten Ostasiatika, chinesische Kleinplastiken in Porzellan und Bronze. Diese verdanken wir im Wesentlichen dem 1922 ergangenen Vermächtnis des aus Laibach stammenden, 1918 nach Graz übersiedelten Ingenieurs Gustav Mullay.

Die Leidenschaft für China und Japan geht jedoch noch viel weiter zurück: Die Sammlung von Schloss Eggenberg zeugt davon, dass sich Europa sehr früh vom ostasiatischen Kunsthandwerk, vor allem von chinesischem Porzellan, Seidenmalereien oder japanischen Lackarbeiten, fasziniert zeigte. In den Veröffentlichungen der Eggenberger Kollegen kann man nachlesen, dass Johann Seyfried von Eggenberg 1660/80 für die Neuausstattung der fürstlichen Residenzen in Graz einige Objekte erwarb, darunter einen Paravent, „mit indianisch Papier aufgelegt“. Hier sollte ich vielleicht erwähnen, dass sich „indianisch“ damals nicht nur auf den indischen Subkontinent, sondern auf den ganzen Osten Asiens bezog. Bei der Neuausstattung der Eggenberger Prunkräume nach 1754 wurde der Paravent zerlegt und als exotische Dekoration in die Wandbespannung eines „Japonischen Kabinetts“ eingefügt. Heute stellt dieser eine Sensation im Schloss Eggenberg dar.

Chinesische Seidenmalerei, Chongzhen (1627-1644), Ende Ming Dynastie (1368-1644) Foto: UMJ, Schloss Eggenberg/N. Lackner

Chinesische Seidenmalerei, Chongzhen (1627-1644), Ende Ming Dynastie (1368-1644) Foto: UMJ, Schloss Eggenberg/N. Lackner

Insgesamt wurden in Eggenberg drei Kabinette ausgestattet, die Ostasiatika aus der fürstlichen Sammlung zeigten. Eines der Kabinette ist ein Porzellankabinett, in dessen Wände ein Service von Imariporzellan eingelassen ist. Außerdem finden sich Teller sowie Deckelschalen auf Etagèren und Lacktischchen. Das zweite, „chinesisch spällierte“ Zimmer ist eine Art Bilderkabinett. Dafür wurden chinesische Seidenmalereien zu kleinen Genrebildchen zerschnitten und wie Miniaturen gerahmt. Wie sie nach Europa kamen, ist unbekannt. Die illusionistische Wanddekoration täuscht dabei die Hängung an blauen Seidenbändern vor. Von den ursprünglichen Malereien sind nur mehr Teile erhalten, mehr als die Hälfte wurde bei „Restaurierungen“ des frühen 20. Jahrhunderts durch Kopien ersetzt, wie ich von Paul Schuster erfahren habe.

In der Sammlung der Neuen Galerie Graz befindet sich ein Werk von Liu Xiaodong, das in Zusammenhang mit seiner Einzelausstellung 2012 im Kunsthaus Graz entstanden ist. Liu Xiaodong zählt zu den prominentesten Vertretern jener chinesischen Künstler/innen-Generation, die innerhalb einer sich rasch und oft verändernden Gesellschaft groß geworden ist. Der klassisch ausgebildete Maler Liu Xiaodong hat die Tradition des Sozialistischen Realismus formal nie verlassen, aber dessen Inhalte stark verändert. Er gibt dem alltäglichen Leben vor dem Hintergrund radikaler Wandlungsprozesse eine Stimme und hält landschaftliche Veränderungen, vom Menschen ausgelöste Katastrophen sowie gesellschaftliche Auswirkungen des ökonomischen Wandels malerisch und filmisch fest.

Liu Xiaodong. Prozess Malen, Courtesy of Zandie Brockett

Das Jagdmuseum Schloss Stainz widmete sich 2014 im Rahmen der Sonderausstellung Geheimnis Holz alpenländischer und chinesischer Holzbaukunst. Darauf machte mich im Rahmen der Vorbereitungen zur Ausstellung von Jun Yang der Leiter des Jagdmuseums, Karlheinz Wirnsberger, aufmerksam. 2014 arbeiteten Handwerker aus China in Stainz. In diesem Zusammenhang sind unter anderem zwei Eckmodelle entstanden, die sich nach wie vor im Jagdmuseum befinden.

Zwei Modelle (Säulenkapitelle), Holz, 2012, Foto: UMJ, KH. Wirnsberger

Eine direkte Verbindung zum Kunsthaus stellt das Bild Trees Growing out of Swimming Pool (Bäume, die aus dem Swimmingpool wachsen) des chinesischen Künstlers Liu Xiaodong in der Sammlung der Neuen Galerie Graz her. Für seine Ausstellung Prozess Malen im Kunsthaus Graz 2012 hat Liu Xiaodong das obersteirische Eisenerz als Projektort ausgewählt. Diese alte Industrie- und Kulturlandschaft war und ist enormen Veränderungsprozessen ausgesetzt – und das hat den Künstler interessiert. Er lebte und arbeitete mit seinem Team einen Monat lang vor Ort. Das Ergebnis wurde im Kunsthaus Graz präsentiert.

Liu Xiaodong, Trees Growing out of Swimming Pool, Öl auf grundierter Baumwolle, 250 x 300 cm, 2012

Auffällig ist, dass sich in den Sammlungen des Joanneums eine Reihe von Werken mit Chinabezug aus dem 18./19. Jahrhundert und aus der Gegenwart befindet.

Das 20. Jahrhundert fehlt hingegen komplett. Es sieht so aus, als würde China nun wieder „en vogue“ sein. Letztendlich spiegelt sich dies auch im Programm des Kunsthauses der letzten Jahre wider: von Liu Xiaodong über Ai Weiwei bis zu Jun Yang. Heute ist das Interesse weniger dem Blick auf das „exotische“ China und alles Chinesische geschuldet, denn das Wissen über das Land und die Region haben deutlich zugenommen. Im Zentrum stehen heute vielmehr globale Entwicklungen, mit denen sich Künstler/innen und Kunstinstitutionen befassen.

 

Mehr über die Chinagalerie finden Sie hier.

Kategorie: Kunsthaus Graz
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